Fokus auf Wimbledon: Von Azarenka bis Zverev
Es gibt die Australian Open, die French Open, die US Open – und es gibt: Wimbledon. Das Grand-Slam-Turnier, das die Briten in aller Bescheidenheit „The Championships“ nennen, startet am Montag in seine 131. Auflage. Auf dem Heiligen Rasen des altehrwürdigen All England Lawn Tennis Club werden Jahr für Jahr große und kleinere Tennis-Geschichten geschrieben.
DER REKORDJÄGER
Dass Roger Federer anno 2017 im biblischen Tennisalter von 35 Jahren ein weiteres Mal als Top-Favorit in Wimbledon aufschlägt, hätte bis vor sechs Monaten nicht einmal der Schweizer selbst gedacht. Nach seinem Triumph bei den Australian Open, den Turniersiegen in Indian Wells, Miami und Halle/Westfalen besteht jedoch kein Zweifel: Federer greift bestens vorbereitet nach seinem achten Titel. Den alleinigen Rekord, derzeit haben Federer, Pete Sampras und William Renshaw jeweils siebenmal gewonnen, wollen seine ewigen Rivalen verhindern. Sind Sandplatzkönig Rafael Nadal, der angeschlagene Titelverteidiger Andy Murray oder ein Novak Djokovic auf Sinnsuche in der Lage, den Maestro zu schlagen?
DIE HOFFNUNGSTRÄGER
Seit 1985, seit der Geburt eines 17-jährigen Leimeners spricht Wimbledon deutsch. Zumindest immer mal wieder. Boris Becker, Michael Stich und Steffi Graf triumphierten insgesamt elfmal an der Church Road. Sabine Lisicki (2013) und Angelique Kerber (2016) erreichten immerhin das Finale, doch die eine (Lisicki) ist nach langer Verletzungspause gerade erst zurück, die andere (Kerber) steht zwar an der Spitze der Setzliste, auf dem Court allerdings auch oft neben sich. Jungstar Alexander Zverev gehört die Zukunft, in der Gegenwart bekam er im Finale von Halle eine Lektion von Federer erteilt. Schafft er es erstmals bei einem Grand Slam in die zweite Woche? Gelingt Kerber die Wende oder schreibt Lisicki gar ihr nächstes Wimbledon-Märchen?
DER AUSSENSEITER
Sie gehören zu Wimbledon wie die Erdbeeren mit Sahne: die Tennis-Exoten, weit abgeschlagen in der Weltrangliste, oft mit einer bewegenden Geschichte im Gepäck angereist, Außenseiter die dank der Gunst des Heiligen Rasens aus dem Schatten ins Rampenlicht treten. Im vergangenen Jahr verzückte der Brite Marcus Willis mit seinem Lauf durch die Qualifikationen ganz Wimbledon. Er startete von Platz 772 der Tenniswelt und traf auf dem Centre Court sein Idol Roger Federer. In diesem Jahr schlägt Alex Ward im Hauptfeld der Championships auf. Der 27-Jährige aus Northampton dümpelt auf Platz 855 im Ranking herum. Wird Ward der neue Willis?
DIE RÜCKKEHRER
Leo Asarenka wird sich wundern, warum Mama Victoria nicht mehr mitten in der Nacht seinen Hunger stillt. Sechs Monate nach seiner Geburt muss sich der kleine Mann zumindest für ein paar Tage damit anfreunden, dass auch seine Mutter Bedürfnisse hat. In Rekordzeit kam die Weißrussin auf die Tour zurück und bewundert doch ein anderes Comeback. Petra Kvitova sei „eine Kriegerin“, ihr Umgang mit der Messerattacke „inspirierend“. Ein halbes Jahr nachdem der Tschechin von einem Einbrecher die Schlaghand aufgeschlitzt worden war, gewann sie das Rasenturnier in Birmingham und gilt plötzlich in Wimbledon als Top-Favoritin auf den Sieg. Triumphiert die Kriegerin zum dritten Mal nach 2011 und 2014?
DER SCHLUSSAKKORD
Tommy Haas und Wimbledon – das war lange Zeit keine glückliche Beziehung. Einmal rutschte er beim Einspielen auf einem Ball aus und riss sich die Bänder im Sprunggelenk. Ein anderes Mal verdarb er sich den Magen mit einem käseüberbackenen Brokkoli. Als seine Aussichten am größten waren, stand er seinen Eltern bei, die nach einem Motorradunfall im Krankenhaus lagen. Erst 2009 schloss er mit dem Einzug ins Halbfinale Frieden mit „The Championchips“. In diesem Jahr nimmt Haas – ausgestattet mit einer Einladung des All England Club – Abschied. Wie fällt sein „Wimbledon-Abschied“ aus? SID
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