French-Open-ABC: Roland Garros von A bis Z
Am Sonntag startet das Sandplatzhighlight des Jahres. Was man -über die French Open, das Grand Slam-Turnier in Paris, wissen sollte, zusammengefasst in 26 Stichworten von A bis Z.
A wie Aufschlag von unten
Diese Szene hat sich ins kollektive Tennisgedächtnis gebrannt. Im Achtelfinale der French Open 1989 stürzte der 17-jährige Michael Chang den großen Favoriten Ivan Lendl. Im fünften Satz des Achtelfinals konnte sich Chang wegen Wadenkrämpfen kaum auf den Beinen halten. Doch der US-Amerikaner zeigte seinen großen Kampfgeist und griff zudem in die Trickkiste. Bei 4:3-Führung servierte er urplötzlich von unten und überraschte damit den völlig verdutzten Lendl. Chang siegte gegen Lendl und holte sich tatsächlich den Titel in Paris. Er ist bis heute der jüngste Grand Slam-Sieger bei den Herren in der Open Era.
B wie Ballkinder
Das Auswahlverfahren für die Ballkinder bei den French Open gilt als das schwierigste. Ca. 220 Ballkinder kommen jedes Jahr zum Einsatz. Jeden Morgen, wenn die Tore im Stade Roland Garros noch nicht offen sind, joggen die Auserwählten über die Anlage und singen dabei: „Wir sind Ballkinder. Wir sind die besten des Jahres.“ Hin und wieder kommt es vor, dass die Ballkinder plötzlich im Mittelpunkt stehen, wenn sie im Ballwechsel zu früh losrennen wie im Match zwischen Andy Murray und Viktor Troicki im Jahr 2011. Novak Djokovic bat 2014 während einer Regenpause einen Balljungen zu sich auf die Bank. Die Szene wurde zum Renner in den sozialen Medien.
C wie Chris Evert
Chris Evert ist mit sieben Titeln die Rekordhalterin im Damen-Einzel. Die US-Amerikanerin war damals auf Sandplatz das, was Rafael Nadal heute ist: ein nahezu unbezwingbares Sandplatzmonster. Zwischen 1973 und 1979 gewann Evert 125 Matches auf Sand in Folge. Allerdings ließ sie zwischen 1976 und 1978 die French Open aus, um World Team Tennis in den USA zu spielen. Ihre Titelausbeute in Paris hätte also auch zweistellig sein können.
D wie Deutsche
Die French Open und die deutschen Herren: Irgendwie passt dies nicht allzu gut zusammen. Über Jahrzehnte hinweg hatten die deutschen Herren in Paris die schwächsten Resultate bei den Grand Slams und schieden meist sehr früh aus. Der letzte deutsche Sieger im Herren-Einzel war Henner Henkel im Jahr 1937. Es dauerte knapp sechzig Jahre, bis ein Deutscher wieder das Endspiel erreichte (Michael Stich im Jahr 1996). Mit Alexander Zverev gibt es aber nun wieder einen deutschen Spieler mit Titelchancen bei den French Open. Bei den Damen drückte Ausnahmespielerin Steffi Graf dem Turnier mit sechs Titeln ihren Stempel auf. Die letzte deutsche Halbfinalistin war Andrea Petkovic im Jahr 2014.
E wie Eintagsfliege
2003 war bei den French Open „verkerke Welt“. Der Niederländer Martin Verkerk, 1,95 Meter groß, erreichte sensationell das Finale mit Siegen im Viertelfinale gegen Carlos Moya und im Halbfinale gegen Guillermo Coria. Im Endspiel gegen Juan Carlos Ferrero holte er nur sechs Spielgewinne. Vor den French Open hatte Verkerk kein einziges Match bei einem Grand Slam gewonnen. Der Stern des Niederländers Verkerk ging schnell wieder unter, auch wegen zahlreicher Verletzungen.
F wie Fluch
Die French Open waren für einige Spieler der große Spielverderber auf dem Weg zum Karriere-Grand-Slam, dem Sieg bei allen vier Grand Slam-Turnieren. Pete Sampras verzweifelte an der roten Asche von Paris und kam nur einmal bis ins Halbfinale. Boris Becker schaffte es sogar dreimal bis in die Vorschlussrunde. Stefan Edberg war 1989 nah dran am Titel, verlor jedoch im Endspiel als Favorit gegen den 17-jährigen Michael Chang. Weitere Opfer des French-Open-Fluchs: John Newcombe, Arthur Ashe und Jimmy Connors, auf den wir noch näher eingehen. Bei den Damen waren es Martina Hingis und Lindsay Davenport, die sich am French Open-Titel die Zähne ausbissen.
G wie Gustavo Kuerten
Ein Bilderbuchmärchen erlebten die French Open 1997 im Form von Gustavo Kuerten. Der Brasilianer spielte sich als großer Nobody und Nummer 66 der Welt zum Titelgewinn in Paris und besiegte dabei drei Champions (Thomas Muster, Yevgeny Kafelnikov und Sergi Bruguera). Als Geheimwaffe hatte Kuerten seine deutsche Oma Olga Schlösser in seinen Reihen, mit der er regelmäßig telefonierte. „Sie weiß über alle Spieler Bescheid. Wenn ich mit ihr rede, sagt sie: ‚Also gegen diesen Gegner musst du folgendermaßen spielen’“, berichtete der Brasilianer, der in Roland Garros sein allererstes ATP-Turnier gewann. Kuerten wurde in den folgenden Jahren zum absoluten Publikumsliebling in Paris und gewann den Titel in den Jahren 2000 und 2001 erneut. Unvergessen ist seine Liebeserklärung an das Publikum, als er 2001 nach seinem Achtelfinalsieg nach abgewehrtem Matchball ein Herz in den Sand malte und sich hineinlegte.
H wie Henri Leconte
Seit 1983 wartet Frankreich auf einen französischen Herrensieger. Henri Leconte war 1988 nah dran am Titelgewinn. Der Spaßmacher der Tour bekam im Endspiel die Unbarmherzigkeit des französischen Publikums knallhart zu spüren. Leconte wurde bei der klaren Niederlage gegen Mats Wilander sogar ausgebuht. „Bei der Pressekonferenz wusste ich nicht, was ich sagen sollte. Ich war so beschämt, dass die Zuschauer mich ausgebuht hatten. Es war der Horror. Die Leute haben mich sogar vorm Matchende ausgebuht. Sie haben einfach nicht gesehen, was an Arbeit dahintersteckt, an körperlicher Arbeit, und wie man mental leidet“, erklärte Leconte im Rückblick auf das unrühmliche Ereignis. 1991 wurde Leconte dann zum Volkshelden in Frankreich, als er im Davis Cup-Finale Pete Sampras besiegte und auch im Doppel gewann. Ein halbes Jahr später konnte Leconte bei den French Open wegen seiner schlechten Weltranglistenposition nur mit einer Wildcard an den Start gehen und erreichte sensationell das Halbfinale.
I wie Internethit
Im Jahr 2010 landete der französische House-DJ Martin Solveig mit dem Song „Hello“ einen internationalen Hit. Das Kultvideo zum Song spielt im Stade Roland Garros in Paris und wurde auf YouTube bislang mehr als 74 Millionen Mal aufgerufen. Das Video mit ungewöhnlichem Ende dreht sich um ein Tennisduell und eine heimliche Liebe. In Gastrollen dabei sind Novak Djokovic und Gael Monfils.
J wie Jimmy Connors
Was wäre, wenn…? Diese Frage könnte man sich bei der Karriere von Jimmy Connors stellen. Für den US-Amerikaner blieb der Traum vom Karriere-Grand-Slam unerfüllt. Ihm fehlte der Titel bei den French Open. Sein bestes Resultat: das Halbfinale. Connors gewann 1974 die Australian Open, Wimbledon und die US Open. Die Chance auf den Kalender-Grand-Slam wurde ihm jedoch verwehrt, weil er bei den French Open nicht startberechtigt war. Warum? Connors weigerte sich, der neu gegründeten Spielervereinigung ATP beizutreten und schloss sich stattdessen der World-Team-Serie an. Die Organisatoren bei den French Open erlaubten ihm deswegen nicht die Teilnahme in Paris. Auch in den Jahren 1975 bis 1978 spielte Connors nicht bei den French Open.
K wie Karriere-Grand-Slam
Und noch mal der Begriff Karriere-Grand-Slam: Diesmal dreht es sich um die Spieler, die dieses Kunststück bei den French Open vollendet haben. Andre Agassi siegte 1999 recht überraschend in Paris und holte sich den noch verbliebenen Grand Slam-Pokal in seiner Sammlung. Roger Federer vollendete seine Mission im Jahr 2009. Maria Sharapova fiel 2012 auf die Knie, als sie in Paris triumphierte. Novak Djokovic schaffte 2016 den Karriere-Grand-Slam als bislang letzter Spieler.
L wie La Décima
Die French Open werden auf ewig ganz eng mit dem Namen Rafael Nadal verbunden sein, der jedes Jahr während des Turniers seinen Geburtstag feiert. Eine Statue im Stade Roland Garros zu Ehren des ohne den geringsten Zweifel besten Sandplatzspieler aller Zeiten wird spätestens nach dem Ende seiner Karriere gebaut werden. 2017 gewann Nadal das Turnier zum zehnten Mal. Der Begriff „La Décima“ war geboren. Eurosport widmete dem Sandplatzkönig eine Dokumentation auf dem Weg zu dieser historischen Marke. Doch das Ende von Nadals Regentschaft in Paris ist noch lange nicht in Sicht. Es sieht fast alles danach aus, dass 2018 der elfte Titel folgen wird – La Undécima heißt es dann.
M wie Marathonmatch
Bis John Isner und Nicolas Mahut beim Wimbledonturnier 2010 ihr episches Match bestritten, waren die Franzosen Arnaud Clement und Fabrice Santoro einige Jahre die Rekordhalter im längsten Einzel der Profigeschichte. Die beiden spielten in der ersten Runde der French Open 6:33 Stunden lang – verteilt auf zwei Tage. Santoro siegte 16:14 im fünften Satz. „Das interessiert mich nicht. Was bekomme ich? Eine Medaille? Es gibt morgen vielleicht ein noch längeres Match. Ich spiele nicht Tennis, um so viel Zeit wie möglich, auf dem Platz zu verbringen“, jammerte Clement nach der Niederlage.