Goldene Momente: Deutsche Tennis-Medaillen bei Olympia
Gold, Silber und Tränen: Wir blicken auf denkwürdige Augenblicke der deutschen Tennisprofis in der Olympiageschichte zurück.
Darauf musste der Tennissport lange warten. Das Internationale Olympische Komitee beschloss bei einem Treffen am 5. Oktober 1981 in der baden-württembergischen Kurstadt Baden-Baden, dass Tennis bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul in das olympische Programm zurückkehren wird. Bis 1924 gehörte Tennis bei den ersten sieben Olympischen Spielen zum Programm. 1968 und 1984 wurde es als Demonstrationswettbewerb gespielt, ehe es 1988 in Seoul zurückkehrte. Deutschland gewann bis 2021 13 olympische Medaillen (vier davon vor 1988) im Tennis: viermal Gold, sechsmal Silber und dreimal Bronze. Wir blicken auf die Erfolge bei Olympia der deutschen Tennisprofis seit 1988 zurück.
Olympia 1988 in Seoul
Der Golden Slam von Steffi Graf
Das olympische Tennisturnier 1988 in Seoul, das erste nach 64 Jahren Pause, wurde zum historischen Ereignis. Steffi Graf ging als Siegerin aller vier Grand Slam-Turniere des Jahres ins Turnier. Nach dem Grand Slam erwarteten alle, dass die Deutsche auch Olympia-Gold gewinnen würde. Die passende Bezeichnung für diese einzigartige Leistung: Golden Slam. Im Viertelfinale drohte er zu platzen, als Graf gegen Larissa Savchenko 1:3 im dritten Satz zurücklag. Doch die Deutsche fand in den Turbo-Modus zurück und krönte sich schließlich mit einem Finalsieg über Gabriela Sabatini zur Olympiasiegerin. „Ich bin begeistert. Das ist etwas, was nicht viele Leute nach mir erreichen werden“, sagte sie und behielt Recht. Bis heute ist der Golden Slam im Tennis einmalig. Graf gewann in Seoul zudem mit Claudia Kohde-Kilsch die Bronzemedaille im Doppel.
Olympia 1992 in Barcelona
Boris Becker und Michael Stich – die olympische Zweckgemeinschaft
Dass Boris Becker und Michael Stich gemeinsam als Doppel in Barcelona 1992 an den Start gingen, war ein Verdienst von Davis Cup-Kapitän Niki Pilic. „Ich wusste, sie wären perfekte Doppelpartner, aber ich musste sie zusammenbringen“, sagte Pilic. Becker und Stich liefen auf dem ungeliebten Sandplatz zur Hochform auf. „Zwischen den Ballwechseln haben wir eigentlich gar nicht miteinander gesprochen, denn wir mochten uns nicht wirklich“, gestand Becker später. Und tatsächlich: Die Erzfeinde wurden Olympiasieger. „Gold kann man nicht planen. Aber wir haben es gewonnen, das zählt“, sagte Stich. „Mein Verhältnis zu Olympia ist goldig“, jubelte Becker. In Barcelona verpasste es Steffi Graf, ihren Olympiasieg aus Seoul zu verteidigen. Im Finale gegen die erst 16-Jährige Jennifer Capriati verlor Graf sensationell das Endspiel.
Olympia 1996 in Atlanta
Der Überraschungscoup von Marc-Kevin Goellner und David Prinosil
Marc-Kevin Goellner und David Prinosil waren zu Beginn ihrer Karrieren eine eingespielte Einheit als Doppel. Bei den French Open 1993 stürmten die beiden ins Finale und verpassten den Grand Slam-Triumph nur knapp. In Atlanta 1996 ging das Duo dennoch als Außenseiter ins Turnier. Nach der hauchdünnen Niederlage im Halbfinale (8:10 im dritten Satz) schien der Medaillentraum zu platzen. Dennoch gab es ein Happy End für die beiden. Im Spiel um Bronze besiegten Goellner/Prinosil die dreimaligen Grand Slam-Sieger Jacco Eltingh und Paul Haarhuis (Niederlande).
Olympia 2000 in Sydney
Das Vollgas-Silber von Tommy Haas
Als Nummer 48 der Welt reiste Tommy Haas 2000 zum olympischen Tennisturnier nach Sydney. Der 22-Jährige wollte wegen einer Rückenverletzung zunächst gar nicht erst antreten. Dennoch entschied sich Haas zur Olympia-Teilnahme und erreichte nach Siegen gegen Wayne Ferreira, Andreas Vinciguera, Alex Corretja, Max Mirnyi und Roger Federer das Finale. Im Match um die Goldmedaille wartete der Russe Yevgeny Kafelnikov. Es entwickelte sich ein Duell auf Augenhöhe, das Haas nach 3:35 Stunden mit 6:7, 6:3, 2:6, 6:4, 3:6 verlor.
Olympia 2004 in Athen
Das Matchball-Drama um Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler
Das Doppelfinale bei Olympia 2004 in Athen zwischen Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler und Fernando Gonzalez und Nicolas Massu (Chile) begann erst um 22:55 Uhr. Das epische Endspiel wurde zur Achterbahnfahrt der Gefühle. Kiefer/Schüttler hielten die Goldmedaille fast schon in ihren Händen, als sie im Tiebreak des vierten Satzes vier Matchbälle in Folge hatten. Doch der Traum vom Olympiasieg platze jäh. „Das ist so brutal. So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben. So eine furchtbare Niederlage werde ich nie wieder erleben“, erklärte Kiefer und weinte bittere Tränen.
Olympia 2016 in Rio de Janeiro
Der geplatzte Goldtraum von Angelique Kerber
Im Sommer 2016 war Angelique Kerber in der Form ihres Lebens und stand kurz davor, die Nummer eins der Welt zu werden. Bei Olympia in Rio de Janeiro spielte sich Kerber ohne Satzverlust ins Finale vor, in dem sie als klare Favoritin der Puerto-Ricanerin Monica Puig gegenüberstand. Kerber kämpfte mit einer leichten Verletzung am Gesäßmuskel um ihren Goldtraum. In einem mitreißenden Endspiel war sie der Energie von Puig, die das Turnier ihres Lebens spielte und erste Olympiasiegerin ihres Landes wurde, schließlich unterlegen.
Olympia 2021 in Tokio
Alexander Zverev: Gold ohne Zuschauer
Das olympische Tennisturnier 2021 in Tokio war ein besonderes, da es wegen der Corona-Pandemie ohne Zuschauer stattfand. In der Hitze behielt Alexander Zverev kühlen Kopf und sicherte sich als erster Deutsche die Goldmedaille im Herren-Einzel. Im Halbfinale bezwang Zverev Novak Djokovic, der auf dem Weg zum möglichen Golden Slam war, nach Satz- und Breakrückstand. Im Finale gegen Karen Khachanov fixierte er schließlich seinen Olympiasieg. „Wahnsinn! Das sind Gefühle, die ich gar nicht beschreiben kann. Alle Turniere spielst du auch irgendwie für dich selber. Aber hier habe ich nicht eine Sekunde für mich gespielt. Ich habe für Deutschland, für alle im Olympischen Dorf und zu Hause gespielt“, jubelte Zverev.
Deutsche Medaillengewinner bei Olympia
1908 in London: Otto Froitzheim (Silber)
1912 in Paris: Dorothea Köring und Heinrich Schomburgk (Gold)
1912 in Paris: Dorothea Köring (Silber)
1912 in Paris: Oscar Kreuzer (Bronze)
1988 in Seoul: Steffi Graf (Gold)
1988 in Seoul: Steffi Graf/Claudia Kohde-Kilsch (Bronze)
1992 in Barcelona: Boris Becker/Michael Stich (Gold)
1992 in Barcelona: Steffi Graf (Silber)
1996 in Atlanta: Marc-Kevin Goellner/David Prinosil (Bronze)
2000 in Sydney: Tommy Haas (Silber)
2004 in Athen: Nicolas Kiefer/Rainer Schüttler (Silber)
2016 in Rio de Janeiro: Angelique Kerber (Silber)
2021 in Tokio: Alexander Zverev (Gold)