Boris Becker, Michael Stich – Olympia 1992

Können ihr Glück kaum fassen: Boris Becker und Michael Stich bejubeln Olympia-Gold in Barcelona. @Imago

Goldene Momente: Deutsche Tennis-Medaillen bei Olympia

Gold, Silber und Tränen: Wir blicken auf denkwürdige Augenblicke der deutschen Tennisprofis in der Olympiageschichte zurück.

Darauf musste der Tennissport lange warten. Das Internationale Olym­pische Komitee beschloss bei einem Treffen am 5. Oktober 1981 in der baden-württembergischen Kurstadt Baden­-Baden, dass Tennis bei den Olympischen Spielen 1988 in Seoul in das olympische Programm zurückkehren wird. Bis 1924 gehörte Tennis bei den ersten sieben Olympischen Spielen zum Pro­gramm. 1968 und 1984 wurde es als Demonstrationswettbewerb gespielt, ehe es 1988 in Seoul zurückkehrte. Deutschland gewann bis 2021 13 olym­pische Medaillen (vier davon vor 1988) im Tennis: viermal Gold, sechsmal Silber und dreimal Bronze. Wir blicken auf die Erfolge bei Olympia der deutschen Tennisprofis seit 1988 zurück.

Olympia 1988 in Seoul

Der Golden Slam von Steffi Graf

Das olympische Tennisturnier 1988 in Seoul, das erste nach 64 Jahren Pause, wurde zum historischen Ereignis. Steffi Graf ging als Siegerin aller vier Grand Slam-Turniere des Jahres ins Turnier. Nach dem Grand Slam erwarteten alle, dass die Deutsche auch Olympia-Gold gewinnen würde. Die passende Bezeichnung für diese einzigartige Leistung: Golden Slam. Im Viertelfinale drohte er zu platzen, als Graf gegen Larissa Savchenko 1:3 im dritten Satz zurücklag. Doch die Deutsche fand in den Turbo-Modus zurück und krönte sich schließlich mit einem Finalsieg über Gabriela Sabatini zur Olympiasiegerin. „Ich bin begeistert. Das ist etwas, was nicht viele Leute nach mir erreichen werden“, sagte sie und behielt Recht. Bis heute ist der Golden Slam im Tennis einmalig. Graf gewann in Seoul zudem mit Claudia Kohde-Kilsch die Bronzemedaille im Doppel.

Steffi Graf – Olympia 1988

Einmalig: Steffi Graf ist der einzige Tennisprofi, der alle vier Grand Slam-Turniere und Olympia-Gold in einem Jahr gewinnen konnte. ©Imago

Olympia 1992 in Barcelona

Boris Becker und Michael Stich – die olympische Zweckgemeinschaft

Dass Boris Becker und Michael Stich gemeinsam als Doppel in Barcelona 1992 an den Start gingen, war ein Verdienst von Davis Cup-Kapitän Niki Pilic. „Ich wusste, sie wären perfekte Doppelpartner, aber ich musste sie zusammenbringen“, sagte Pilic. Becker und Stich liefen auf dem ungeliebten Sandplatz zur Hochform auf. „Zwischen den Ballwechseln haben wir eigentlich gar nicht miteinander gesprochen, denn wir mochten uns nicht wirklich“, gestand Becker später. Und tatsächlich: Die Erzfeinde wurden Olympiasieger. „Gold kann man nicht planen. Aber wir haben es gewonnen, das zählt“, sagte Stich. „Mein Verhältnis zu Olympia ist goldig“, jubelte Becker. In Barcelona verpasste es Steffi Graf, ihren Olympiasieg aus Seoul zu verteidigen. Im Finale gegen die erst 16-Jährige Jennifer Capriati verlor Graf sensationell das Endspiel.

Michael Stich, Boris Becker – Olympia 1992

Wenn Rivalen Gold gewinnen: Das Verhältnis zwischen Boris Becker und Michael Stich war bis zu Olympia 1992 in Barcelona extrem unterkühlt. ©Imago

Olympia 1996 in Atlanta

Der Überraschungscoup von Marc-Kevin Goellner und David Prinosil

Marc-Kevin Goellner und David Prinosil waren zu Beginn ihrer Karrieren eine eingespielte Einheit als Doppel. Bei den French Open 1993 stürmten die beiden ins Finale und verpassten den Grand Slam-Triumph nur knapp. In Atlanta 1996 ging das Duo dennoch als Außenseiter ins Turnier. Nach der hauchdünnen Niederlage im Halbfinale (8:10 im dritten Satz) schien der Medaillentraum zu platzen. Dennoch gab es ein Happy End für die beiden. Im Spiel um Bronze besiegten Goellner/Prinosil die dreimaligen Grand Slam-Sieger Jacco Eltingh und Paul Haarhuis (Niederlande).

Marc-Kevin Goellner, David Prinosil

Starke Einheit: Marc-Kevin Goellner (li.) und David Prinosil (re.) gewannen gemeinsam zwei ATP-Titel und siegten dreimal in einem Davis Cup-Doppel. @Imago

Olympia 2000 in Sydney

Das Vollgas-Silber von Tommy Haas

Als Nummer 48 der Welt reiste Tommy Haas 2000 zum olympischen Tennisturnier nach Sydney. Der 22-Jährige wollte wegen einer Rückenverletzung zunächst gar nicht erst antreten. Dennoch entschied sich Haas zur Olympia-Teilnahme und erreichte nach Siegen gegen Wayne Ferreira, Andreas Vinciguera, Alex Corretja, Max Mirnyi und Roger Federer das Finale. Im Match um die Goldmedaille wartete der Russe Yevgeny Kafelnikov. Es entwickelte sich ein Duell auf Augenhöhe, das Haas nach 3:35 Stunden mit 6:7, 6:3, 2:6, 6:4, 3:6 verlor.

Tommy Haas – Olympia 2000

Silberjunge: Tommy Haas spielte 2000 seine ersten von zwei Olympischen Spiele. ©Imago

Olympia 2004 in Athen

Das Matchball-Drama um Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler

Das Doppelfinale bei Olympia 2004 in Athen zwischen Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler und Fernando Gonzalez und Nicolas Massu (Chile) begann erst um 22:55 Uhr. Das epische Endspiel wurde zur Achterbahnfahrt der Gefühle. Kiefer/Schüttler hielten die Goldmedaille fast schon in ihren Händen, als sie im Tiebreak des vierten Satzes vier Matchbälle in Folge hatten. Doch der Traum vom Olympiasieg platze jäh. „Das ist so brutal. So eine Chance bekommt man nur einmal im Leben. So eine furchtbare Niederlage werde ich nie wieder erleben“, erklärte Kiefer und weinte bittere Tränen.

Nicolas Kiefer, Rainer Schüttler – Olympia 2004

Bleiches Gesicht, leerer Blick: Der Traum vom Olympiasieg wurde für Nicolas Kiefer und Rainer Schüttler zum Alptraum. ©Imago

Olympia 2016 in Rio de Janeiro

Der geplatzte Goldtraum von Angelique Kerber

Im Sommer 2016 war Angelique Kerber in der Form ihres Lebens und stand kurz davor, die Nummer eins der Welt zu werden. Bei Olympia in Rio de Janeiro spielte sich Kerber ohne Satzverlust ins Finale vor, in dem sie als klare Favoritin der Puerto-Ricanerin Monica Puig gegenüberstand. Kerber kämpfte mit einer leichten Verletzung am Gesäßmuskel um ihren Goldtraum. In einem mitreißenden Endspiel war sie der Energie von Puig, die das Turnier ihres Lebens spielte und erste Olympiasiegerin ihres Landes wurde, schließlich unterlegen.

Angelique Kerber – Olympia 2016

Stolz und enttäuscht zugleich: Angelique Kerber gewann bei Olympia 2016 in Rio de Janeiro nur Silber. ©Imago

Olympia 2021 in Tokio

Alexander Zverev: Gold ohne Zuschauer

Das olympische Tennisturnier 2021 in Tokio war ein besonderes, da es wegen der Corona-Pandemie ohne Zuschauer stattfand. In der Hitze behielt Alexander Zverev kühlen Kopf und sicherte sich als erster Deutsche die Goldmedaille im Herren-Einzel. Im Halbfinale bezwang Zverev Novak Djokovic, der auf dem Weg zum möglichen Golden Slam war, nach Satz- und Breakrückstand. Im Finale gegen Karen Khachanov fixierte er schließlich seinen Olympiasieg. „Wahnsinn! Das sind Gefühle, die ich gar nicht beschreiben kann. Alle Turniere spielst du auch irgendwie für dich selber. Aber hier habe ich nicht eine Sekunde für mich gespielt. Ich habe für Deutschland, für alle im Olympischen Dorf und zu Hause gespielt“, jubelte Zverev.

Alexander Zverev – Olympia 2021

Goldjunge: Alexander Zverev feierte 2021 in Tokio mit dem Olympiasieg seinen größten Erfolg. ©Imago

Deutsche Medaillengewinner bei Olympia

1908 in London: Otto Froitzheim (Silber)
1912 in Paris: Dorothea Köring und Heinrich Schomburgk (Gold)
1912 in Paris: Dorothea Köring (Silber)
1912 in Paris: Oscar Kreuzer (Bronze)
1988 in Seoul: Steffi Graf (Gold)
1988 in Seoul: Steffi Graf/Claudia Kohde-Kilsch (Bronze)
1992 in Barcelona: Boris Becker/Michael Stich (Gold)
1992 in Barcelona: Steffi Graf (Silber)
1996 in Atlanta: Marc-Kevin Goellner/David Prinosil (Bronze)
2000 in Sydney: Tommy Haas (Silber)
2004 in Athen: Nicolas Kiefer/Rainer Schüttler (Silber)
2016 in Rio de Janeiro: Angelique Kerber (Silber)
2021 in Tokio: Alexander Zverev (Gold)