Hammerhart: Die 10 besten Aufschlägerinnen im Tennis
Wer ist die Aufschlagkönigin in der Geschichte der WTA-Tour? Wer serviert am effektivsten? Wir haben uns das Service der Besten ihres Fachs näher angeschaut und küren die Top 10.
Erschienen in der tennis MAGAZIN-Ausgabe 8/2020
Bewertung
So lief die Wertung: Für die Liste der zehn besten Aufschlägerinnen hat die tennis MAGAZIN-Redaktion vier Kategorien bewertet: Asse, Tempo, Präzision sowie Servieren unter Druck. Für jede Kategorie haben wir maximal zehn Punkte vergeben. Herausgekommen ist unsere ultimative Top 10.
Platz 10: Martina Navratilova
Martina Navratilova ist die „Grand Dame“ des Damentennis. Wussten Sie auch, dass Navratilova Co-Autorin einiger Krimis war? Ein deutscher Titel eines ihrer Romane trägt den Namen „Bei Aufschlag Mord”. Ganz so furchteinflößend war Navratilovas Aufschlag zwar nicht, aber zur damaligen Zeit, vor allem in den 70er- und 80er-Jahren, war ihr Service das Maß aller Dinge. Als Linkshänderin konnte die US-Amerikanerin ihr Gegnerinnen vor allem mit dem Slice-Aufschlag auf der Vorteilsseite in Bedrängnis bringen. Als Serve-and-Volley-Spielerin war der Aufschlag für sie meist der Dosenöffner für den schnellen Punktgewinn am Netz. „Ich spiele das Spiel so, wie es gespielt werden sollte“, sagte Navratilova einst. Was sie damit meint: attackieren und variieren, vor allem beim Aufschlag.
Asse: 7
Tempo: 7,5
Präzision: 9,5
Unter Druck: 9,5
Gesamt: 33,5
Platz 9: Lindsay Davenport
Bevor die Williams-Schwestern auf der WTA-Tour ankamen und das Spiel revolutionierten, war Lindsay Davenport mit ihrem aggressiven Spielstil so etwas wie die Taktgeberin in Sachen Tempo bei den Damen. Trotz ihrer Körpergröße von 1,89 Meter war die US-Amerikanerin keine Ass-Maschine. Ihr Aufschlag bestach mehr durch Präzision und bekam das Attribut „felsenfest“. Davenport, mittlerweile eine angesehene TV-Expertin und vierfache Mutter, scheute zu ihrer aktiven Zeit das Rampenlicht. „Als ich mich neulich im TV sah, war mir das eher unangenehm. Manche lieben es, ein Star zu sein. Ich gehöre nicht zu diesen Leuten“, sagte die US-Amerikanerin einmal über sich.
Asse: 8
Tempo: 8.5
Präzision: 9
Unter Druck: 8,5
Gesamt: 34
Platz 8: Petra Kvitova
Als Linkshänderin ist die Spezialität von Petra Kvitova der Slice-Aufschlag. Die Tschechin bringt die nötigen körperlichen Voraussetzungen mit, um viele freie Punkte mit ihrem Service zu generieren. Es gibt Spielerinnen, die weitaus schneller aufschlagen als Kvitova, dennoch serviert sie regelmäßig, auch dank ihrer Präzision, reihenweise Asse. In den Jahren 2010 bis 2019 schlug sie insgesamt 2.172 Asse – Platz vier in dieser Liste. Bei ihrem Zweitrundensieg beim Wimbledonturnier 2019 hämmerte sie sogar vier Asse in Folge in einem Aufschlagspiel ins Feld – eine Rarität im Damentennis. An guten Tagen ist Kvitova auf schnellen Belägen nur schwer zu breaken. Im Training übt die Tschechin nicht nur die Platzierung, sondern auch den Spin. Ihr Motto: Qualität statt Quantität. „Ich messe in Bällen, nicht in Zeit.“
Asse: 9
Tempo: 8
Präzision: 9
Unter Druck: 8,5
Gesamt: 34,5
Platz 7: Julia Görges
Der Aufschlag von Julia Görges gehört zu den vielseitigsten im Damentennis, da er schwer auszurechnen ist. „Grundsätzlich geht es mir darum, variantenreich mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, Spinarten und Richtungen aufzuschlagen. Man hat nicht so viel davon, wenn man am Ende der Saison die meisten Asse serviert hat“, sagt Görges gegenüber tennis MAGAZIN über ihren Aufschlag. Asse schlägt die Deutsche zwar auch regelmäßig (in ihrem Erfolgsjahr 2018 waren es 7,2 im Durchschnitt), aber es ist nicht ihr primäres Ziel. Warum sie so gut aufschlagen kann, erklärt Görges so: „Ich habe gute Hebel, einen schnellen Arm und ein lockeres Handgelenk, sodass ich im letzten Augenblick noch die Richtung meines Aufschlags ändern kann. Ich glaube, dass gerade dieses Überraschungsmoment auf der Damentour eher selten ist.“
Asse: 9,5
Tempo: 8,5
Präzision: 9
Unter Druck: 8
Gesamt: 35
Platz 6: Brenda Schultz-McCarthy
Ende der 80er-Jahre und in den 90er-Jahren war Brenda Schultz-McCarthy der Alptraum vieler Spielerinnen. Der Grund war ihr gewaltiger Aufschlag, den es in dieser Art im Damentennis nocht nicht gegeben hatte. Mit einer Körpergröße von 1,88 Metern hatte die Niederländerin ideale Voraussetzungen für ein gutes Service. „Als Kind habe ich immer gerne aufgeschlagen“, sagt Schultz-McCarthy. Tempo, Tempo und noch mal Tempo war zunächst ihre Devise. Im Laufe der Karriere entdeckte sie auch den Kick-Aufschlag für sich. Schultz-McCarthy hielt lange die Rekorde für die meisten Asse in einem Match (22) sowie den schnellsten Aufschlag (209 km/h).
Asse: 10
Tempo: 10
Präzision: 8
Unter Druck: 7,5
Gesamt: 35,5
Platz 5: Sabine Lisicki
Warum Sabine Lisicki den Beinamen „Bum Bum Bine“ verpasst bekam, liegt auf der Hand: ihr krachender Aufschlag. Die Deutsche servierte im Jahr 2014 mit 210,8 km/h den schnellsten offiziell anerkannten Aufschlag. „Der Schlüssel für einen schnellen Aufschlag ist Rhythmus. Ich habe Tausende von Aufschlägen gemacht, aber du musst es immer wieder tun, damit dein Aufschlag noch schneller wird“, sagt Lisicki über ihre größte Waffe in ihrem Spiel. Den Rekord für die meisten Asse in einem Match hielt die Wimbledon-Finalistin von 2013 ebenfalls zeitweise. 2015 servierte sie auf Rasen 27 Asse. Die Tschechin Kristyna Pliskova verbesserte diese Marke zweimal, allerdings schaffte Lisicki ihre Anzahl von Assen im Gegensatz zu Pliskova in zwei Sätzen.
Asse: 10
Tempo: 10
Präzision: 8
Unter Druck: 7,5
Gesamt: 35,5
Platz 4: Steffi Graf
Dass man auch ohne hammerhartes Tempo und ohne reihenweise Asse ins Feld zu zimmern zu den weltbesten Aufschlägerinnen gehören kann, zeigt Steffi Graf. Der Aufschlag der Deutschen zählte zu ihrer Zeit zwar auch zu den schnellsten, aber er bestach mehr durch Präzision und hielt Drucksituationen stets stand. Graf konnte sich bei jedem Spielstand auf ihren Aufschlag verlassen. Das Markenzeichen der „Gräfin“ war ihr hoher Ballwurf. In der sogenannten „Trophy-Position“ verharrte sie kurz, um dann den Ball zu beschleunigen. „Ich will absolute Perfektion erreichen. Und ich denke, dass ich das schaffen kann“, sagte Graf einmal. Der Aufschlag der Deutschen war zu ihrer Zeit das Nonplusultra im Damentennis. Mit der heutigen Schläger- und Saitentechnologie wäre er sogar noch effektiver.
Asse: 8
Tempo: 8
Präzision: 10
Unter Druck: 10
Gesamt: 36
Platz 3: Venus Williams
Finesse und Training: Darauf kommt es für Venus Williams beim Aufschlag an. Ihr schnelles und gleichzeitg verlässliches Service hat die US-Amerikanerin zu vielen freien Punkten in ihren Matches und einigen Grand Slam-Titeln geführt. „Es geht um Rhythmus und Timing“, sagt Williams, die auch mit 40 Jahren längst noch nicht aufschlagmüde ist. Ihre Spezialität ist der flache Aufschlag in den Körper der Gegnerin. „Ich liebe ihn. Ich fessle damit buchstäblich meine Gegnerin. Er geht direkt auf den Körper und ist dabei so schnell, dass man keinen Raum hat“, sagt Williams über ihren Lieblingsschlag.
Asse: 9
Tempo: 10
Präzision: 9
Unter Druck: 8.5
Gesamt: 36,5
Platz 2: Karolina Pliskova
Keine Spitzenspielerin lebt so von ihrem Aufschlag wie Karolina Pliskova. Kommt ihr Service, ist sie nahezu unbreakbar. „Nach Ende eines jeden Matches schaue ich mir die Statistik an und checke, wie viele Asse ich geschlagen habe und wie hoch die Prozentzahl meines ersten Aufschlags war“, sagt Pliskova. Die Tschechin ist sich bewusst, wie abhängig sie von ihrem Aufschlag ist. „Wenn mein Service nicht läuft, ist es schwer für mich, Matches zu gewinnen.“ Was Pliskova besonders gut beherrscht, ist die Variation und die Präzision. Hinzukommen die vielen Asse, mit denen sie ihrer Gegnerin den letzten Nerv raubt – in ihrem besten Jahr (2016) waren es 8,7 Asse pro Match. Unter Druck kann der Aufschlag der Tschechin jedoch manchmal etwas flattrig sein, sodass sie bislang noch kein Grand Slam-Turnier gewinnen konnte – als eine von drei Nummer eins-Spielerinnen.
Asse: 10
Tempo: 9
Präzision: 9,5
Unter Druck: 8,5
Gesamt: 37
Platz 1: Serena Williams
Es kann keine zwei Meinungen geben: Serena Williams ist die mit Abstand beste Aufschlägerin, die es bei den Damen jemals gab. „Für alle Zeiten“, formuliert es ihre Konkurrentin Simona Halep. Ein großes Plus bei Williams ist der Ballwurf, der jedes Mal gleich ist, sodass man die Aufschlagrichtung nur schwer erahnen kann. Williams versteht es, trotz ihrer normalen Körpergröße von 1,75 Metern extrem viel Tempo auf den Ball zu übertragen, ohne dabei zu verkrampfen. Im Durchschnitt schlägt sie zwölf km/h schneller auf als der Großteil ihrer Gegnerinnen und erdrückt diese förmlich damit. Auch in brenzligen Spielsituationen beginnt ihr Aufschlag nur selten zu flattern. Keine Frage: Jede Spielerin würde sich danach sehnen, nur annähernd so stark aufzuschlagen wie Williams. Ihre gute Freundin Caroline Wozniacki fasst die Aufschlagqualitäten wie folgt zusammen: „Es ist die Platzierung, der Spin auf den Ball und die Fähigkeit, ihn einzusetzen, wenn es darauf ankommt.“
Asse: 10
Tempo: 10
Präzision: 9
Unter Druck: 9,5
Gesamt: 38,5