„Jannik Sinner kann nur verlieren, wenn er schlecht geschlafen hat“
Jannik Sinner ist weiterhin das große Thema in Italiens Sportwelt. Nun hat sich auch die italienische Tennislegende Nicola Pietrangeli zu Wort gemeldet.
Die Euphorie rund um Jannik Sinner in seiner Heimat Italien ist weiterhin riesig, nachdem er seinen dritten Grand Slam-Titel bei den Austrtalian Open 2025 gewann und seine Position als Weltranglisten-Erster nachhaltig gefestigt hat. Die Zeitungen übertrafen sich mit Superlativen gegenseitig nach Sinners „Spaziergang zum Titel“ in Melbourne. Tenor: Jannik Sinner ist nicht von dieser Welt. Für die La Gazzetta dello Sport ist er ein „Marsianer“ und für die Tuttosport „Der Austr-Alien“.
İtalyan gazeteleri Jannik Sinner’in uzaylı olduğu konusunda hemfikir, hangi gezegenden geldiğine dair araştırmalar sürüyor 👽 🛸 pic.twitter.com/XLj50jdi62
— TenisHaberleri (@SadeceTenis) January 27, 2025
Doch auch ein Außerirdischer hat nur begrenzte Kräfte. Nach seiner Rückkehr aus Australien sagte Sinner zunächst den Start beim ATP-Turnier in Rotterdam ab, schließlich erschien er auch nicht beim Empfang von Italiens Staatspräsident Sergio Mattarella. Der Termin im Quirinalspalast von Rom, dem Dienstsitz des italienischen Präsidenten, stand schon länger fest. Die beiden italienischen Tennis-Nationalmannschaften, die 2024 sowohl den Billie Jean King Cup (Damen) als auch den Davis Cup (Herren) gewannen, wurden dabei am Mittwochvormittag geehrt. Sinner hatte seine Teilnahme von vornherein offengelassen. Nun feierten die Teams ohne ihn mit Mattarella. Der Südtiroler wird stattdessen nach Sexten ins Pustertal reisen, um im Kreis von Familie und Freunden zu entspannen.
SELFIE AL QUIRINALE! 🤩
Il tennis azzurro ricevuto dal Presidente della Repubblica, Sergio Mattarella! 💙#ItaliaTeam @federtennis pic.twitter.com/oXHPGffZ17
— ItaliaTeam (@ItaliaTeam_it) January 29, 2025
Jannik Sinner: Die Ärzte verordneten ihm Ruhe
Aus Sinners Lager ist zu hören, dass er sich auf Anraten seiner Ärzte mehrere Tage schonen sollte. Er hatte in Australien mit einigen körperlichen Problemen zu kämpfen, die besonders im Match gegen Holger Rune zu Tage traten. Gegen den Dänen musste sich Sinner eine Auszeit aufgrund der extremen Hitze in Melbourne nehmen. Im Nachhinein räumte sein Coach Darren Cahill ein: „Am Tag vor dem Match gegen Rune wussten wir nicht, ob Jannik auf dem Platz stehen würde, er hatte Glück, dass er es geschafft hat.“
Umso überraschender, dass er trotz dieser Einschränkungen nur zwei Sätze im Turnierverlauf abgab und insbesondere im Finale gegen Alexander Zverev unantastbar wirkte. Nicht einen Breakball ließ der Südtiroler im ganzen Match zu. „Das heutige Tennis liegt in Sinners Händen“, schrieb die spanische Tageszeitung El Pais. „Gepanzerter Aufschlag. Wie Pete Sampras, Roger Federer und Rafael Nadal gewährt er seinem Gegner keine einzige Breakchance.“
Indes gehen in Italien die Lobeshymnen weiter. Auch die italienische Tennislegende Nicola Pietrangeli lobte Sinner, was nicht unbedingt eine Selbstverständlichkeit ist. Im September 2023 hatte der heute 91-Jährige seinen Nachfolger kräftig kritisiert. Damals verzichtete Sinner auf die Davis-Cup-Gruppenphase in Bologna. „Wenn man ablehnt, weil man krank ist, dann passt das. Aber wenn man sich weigert und woanders ein Turnier spielt, dann sollte der Verband ihn mindestens für ein Jahr sperren“, polterte Pietrangeli damals. Und noch im Sommer 2024 behauptete er: „Im Moment bin ich noch der größte Tennisspieler in Italien.“
Doch inzwischen klingt der zweifache Roland Garros-Champion (1959, 1960), der 120-mal für Italien im Davis Cup punktete, versöhnlicher. Im Interview mit der italienischen Nachrichten- und Presseagentur Adnkronos lobte er Sinner in den höchsten Tönen: „Niemand ist auf seinem Niveau, und das ist nicht die Schuld der Gegner. Jannik ist zu stark. Ich habe getippt, dass dieses Finale in drei Sätzen enden würde, und so war es auch. Ich habe nichts anderes erwartet. Weil er zu gut ist. Ich denke, er kann nur dann ein Match verlieren, wenn er schlecht geschlafen hat oder sich unwohl fühlt. Ich weiß nicht, was er noch verbessern kann, er ist ja schon die Nummer eins in der Welt. Man sieht, dass er Spaß auf dem Platz hat, und das ist wichtig.“
Jannik Sinner: Rückkehr auf die Tour erst Mitte Februar
Weil Sinner nun drei Grand Slam-Trophäen hat und auch für viele weitere Monate sicher auf Platz eins der ATP-Rankings stehen wird, beglückwünschte ihn Pietrangeli: „Es ist richtig, dass er mich überholt hat, Rekorde sind dazu da, um gebrochen zu werden. Ich wünsche ihm von ganzem Herzen, dass er noch besser wird. Ich war auf dem Platz furchteinflößend – aber nicht für jeden Gegner so wie er.“
Eine kleine Einschränkung von Sinners Leistungen kann sich Pietrangeli aber nicht verkneifen: „Ich weiß nicht, ob er jetzt schon der stärkste italienische Tennisspieler aller Zeiten ist, er ist erst 23 Jahre alt. Wir werden es sehen, wenn er 30 ist. Jetzt spricht jeder über ihn, aber bis vor zwei Jahren wusste niemand, wer er überhaupt ist. Am Ende seiner Karriere wird sich zeigen, ob er der beste italienische Tennisspieler aller Zeiten ist. Bis dahin kann noch viel passieren“.
Sinners Rückkehr auf die ATP-Tour ist nun ab dem 17. Februar in Doha geplant. Danach geht es weiter in die USA, wo die großen Hartplatzturniere in Indian Wells und Miami auf dem Programm stehen.