Joao Fonseca: Das beste Grand Slam-Debüt der Tennisgeschichte
Joao Fonseca ist der neue Star am Tennishimmel: Wie der 18-jährige Brasilianer in seinem ersten Grand Slam-Match Andrey Rublev überrannte, ist eine Sensation.
Ist das nun der Moment, der das Match auf den Kopf stellen würde? Beginnt nicht spätestens jetzt das große Nachdenken, das gefürchtete Kopfkino? Joao Fonseca, 18 Jahre altes Supertalent aus Brasilien, spielt zum ersten Mal ein Hauptfeld-Match bei einem Grand Slam-Turnier, steht zum ersten Mal in einer Riesenschüssel wie der Margaret Court Arena von Melbourne und sein Gegner Andrey Rublev ist der erste Top 10-Spieler, gegen den er antritt. Das sind verdammt viele erste Male! Gerade hat er bei einer 2:0-Satzführung einen 4:0-Vorsprung im Tiebreak des dritten Satzes verspielt. Es steht jetzt 5:5.
Was macht der Teenager nun? Verliert er die Nerven? Kein bisschen. Er spielt genauso weiter wie bisher und schießt in dem weiten Rund im sprichwörtlichen Sinne die Lichter aus: krachender Rückhand-Longline-Winner zum 6:5, dann – beim Matchball – ein pfeilschneller Vorhand-Longline-Schuss zum 7:6, 6:3, 7:6-Sieg nach zwei Stunden und 23 Minuten Spielzeit. Es ist – so abgedroschen es auch klingt – die Geburtsstunde eines Stars. Und: Es ist das beeindruckendste Grand Slam-Debüt der jüngeren Tennisgeschichte.
Joao Fonseca mit unglaublichen 51 Winnern
Es war nicht so, dass Rublev einen schlechten Tag hatte oder Fonseca nur mit viel Glück gewonnen hätte. Ganz im Gegenteil: Fonseca hat Rublev komplett überpowert und ihn förmlich an die Wand gespielt. Wohlgemerkt: Es geht hier um Andrej Rublev, der selbst von der Grundlinie mit ungeheuer Wucht seine Schläge beschleunigen kann. Aber das, was Fonseca abfackelte, war oft selbst für Rublev zu schnell. 51 Winner in drei Sätzen feuerte der Brasilianer ab. Vor allem seine Vorhand drosch er mit einem Höllentempo über das Netz. Mit 181 Stundenkilometern gelang ihm die bislang schnellste Vorhand der Australian Open 2025. Im Match-Durchschnitt war seine Vorhand 132 Stundenkilometer schnell. Absurde Werte.
A ⭐️ is born.
Brazil have a new Fenômeno and his name is Joao Fonseca!
The 18-year-old qualifier beats No.9 seed Andrey Rublev 7-6(1) 6-3 7-6(5)@wwos • @espn • @eurosport • @wowowtennis • #AusOpen • #AO2025 pic.twitter.com/lBYZunZEcq
— #AusOpen (@AustralianOpen) January 14, 2025
Wenn Rublev doch mal die Initiative übernehmen konnte und Fonseca vor sich hertrieb, befreite sich der Brasilianer ein ums andere Mal aus der Umklammerung und schaltete bei der kleinsten Chance sofort in den Offensivmodus um. Natürlich: In der Tennis-Bubble sind die Qualitäten des 1,85 Meter großen Athleten aus Rio de Janeiro kein Geheimnis mehr. Die frühere Nummer eins der Junioren-Weltrangliste hatte Ende 2024 die „Next Gen Finals“ gewonnen. Die Saison 2025 startete er mit einem Challenger-Sieg in Canberra, danach gab er keinen Satz in der Quali der Australian Open ab. Aber dennoch: Dass er als aktuelle Nummer 112 der Welt derart dominant bei seinem bislang größten Match überhaupt auftreten würden, war nicht zwangsläufig zu erwarten gewesen.
Joao Fonseca: bestes Tennis in den Tiebreaks
Was besonders auffiel: In den entscheidenden Momenten spielte Fonseca sein bestes Tennis. Das sah man besonders gut in den beiden Tiebreaks gegen Rublev. Als ihn Andrea Petkovic im On-Court-Interview genau auf diese Fähigkeit ansprach, antwortete er: „Ich nehme es mir immer vor, die wichtigsten Punkte mit höchster Intensität zu spielen – das hat heute gut geklappt.“ Sein Sieg gegen Rublev ist der vorläufige Höhepunkte einer spektakulären Reise. Denn: Hätte Fonseca an seinen ursprünglichen Karriereplänen festgehalten, dann wäre er jetzt vermutlich gar nicht in Melbourne.
2017 – Joao Fonseca has become the first teenager to defeat an ATP top 10 opponent in straight sets at a Grand Slam event since…Andrey Rublev (Grigor Dimitrov, US Open 2017). Reversal.#AO2025 | @AustralianOpen @atptour @ATPMediaInfo
— OptaAce (@OptaAce) January 14, 2025
Eigentlich hatte Fonseca nämlich beschlossen, nach seiner fantastischen Karriere als Junior zunächst Collegetennis in den USA zu spielen. Er wollte zur University of Virgina nach Charlottesville wechseln. Aber dann kam er im Februar 2024 wie aus dem Nichts ins Viertelfinale beim 500er-Turnier in Rio de Janeiro. Bei dem Event in seiner Heimatstadt ließ er sein Können erstmals vor einem breiteren Publikum aufblitzen. Anscheinend hatte auch Jannik Sinner die Auftritte Fonsecas verfolgt, denn er riet ihm schließlich dazu, direkt ins Profilager zu wechseln. „Er sagte mir lächelnd, dass ich zu gut sei, um auf Universitätsebene zu spielen, und empfahl mir, es direkt als Profi zu versuchen. Jannik ist wirklich ein wunderbarer Kerl. Am Ende kann man festhalten, dass ich auf seinen Rat gehört habe“, erzählte Fonseca im Sommer 2024.
Wie geht es weiter mit Joao Fonseca?
Wie es nun weitergehen wird mit Joao Foncesa, kann man natürlich nicht komplett vorhersagen. Doch es müsste schon eine Menge zusammenkommen, damit er sich nicht weiter nach oben spielt und in absehbarer Zeit nicht in die Weltspitze kommt. In Melbourne geht es nun darum, den Fokus nach diesem absoluten Weltklasse-Auftritt zu behalten. In der zweiten Runde bekommt er es mit dem Tour-Haudegen Lorenzo Sonego zu tun. Danach würde er auf den Sieger der Partie Fabian Marozsan/Frances Tiafoe treffen. Nach der Leistung heute erscheint das alles machbar.
Vorsicht ist dennoch geboten. Wie wird Fonseca all die Loblieber und Hymnen, die nun auf ihn angestimmt werden, wegstecken? Wie sehr wird ihn der Rummel um seine Person beeindrucken? Und vor allem: Wie wird er sich gegen Gegner schlagen, die mit weniger Speed und mehr Variationen als Rublev zu Werke gehen? Das alles wird sich zeigen.
Feststeht aber: Sein Grand Slam-Debüt vom 14. Januar 2025 bei den Australian Open wird in die Annalen des Tennissports eingehen.