Juan Martin del Potro: Der ewige Kampf gegen sich selbst
Er war auf dem besten Weg, das Herrentennis komplett umzukrempeln, aber dann kamen die Schmerzen, die Operationen, die Monate des Wartens und der Aufbauarbeit, die missratenen Comeback-Versuche: Juan Martin del Potro hatte – um einen alten Fußballspruch mal in den Tennisjargon zu übernehmen – tatsächlich „Scheiße an der Hand“, wenn nicht sogar an beiden Händen. Entschuldigen Sie bitte die Wortwahl, aber im Fall von del Potro ist sie angemessen – ausnahmsweise. Der Argentinier, mittlerweile 27 Jahre alt, musste sich in letzten sechs Jahren insgesamt viermal an seinen Handgelenken operieren lassen. Am 4. Mai 2010 war das rechte Handgelenk dran. Es folgten am 24. März 2014, am 20. Januar 2015 und zuletzt am 18. Juni 2015 drei Eingriffe am linken Handgelenk. Jetzt ist er zwar wieder da und gewann bei seinem x-ten Comeback in Delray Beach das erste Match seit knapp einem Jahr. Doch sobald del Porto irgendwo wieder aufläuft, muss man sich zwangsläufig die Frage stellen: Wie lange hält sein Handgelenk diesmal?
Del Potros Geschichte ist eine traurige, leider. Denn er war auf dem besten Weg, die Weltspitze im Herrentennis durcheinander zu wirbeln. Erinnern Sie sich an die US Open 2009? Del Potro deklassierte im Halbfinale den damaligen Weltranglistenzweiten Rafael Nadal, schoss ihn mit seinen wahnwitzig schnellen und ultraflachen Vorhand-Geschossen aus dem Arthur Ashe-Stadion – 6:2, 6:2, 6:2-Sieg, wow. Selten hatte man Nadal bis dahin so chancenlos gesehen. Er hetzte nur hinten an der Bande hin und her, um del Potros Monstervorhände irgendwie noch zurückzuspielen. Meistens vergeblich. Die Krönung folgte im Finale. Es wartete Roger Federer, der zu diesem Zeitpunkt 41 Matches in Serie in New York gewonnen hatte. Noch ein Sieg fehlte ihm, um den sechsten US Open-Titel hintereinander einzusammeln. Aber del Potro schaffte die Überraschung, bezwang den Überspieler Federer in fünf Sätzen. 47 zum Teil abenteuerliche Vorhand-Winner mit bis zu 170 Stundenkilometern gelangen ihm dabei.
Er hatte alle Mittel, um den „Fab Four“ gefährlich zu werden
Ich gebe zu: Damals war ich davon überzeugt, Zeitzeuge einer Wachablösung gewesen zu sein. Del Potro war bei seinem Grand Slam-Triumph 20 Jahre alt, ihm stand die Tenniswelt offen. Beim ATP-Masters 2009 erreichte er das Endspiel, beendete die Saison schließlich als jüngster Profi in den Top 10. Mit seinem äußerst präzisen Hochgeschwindigkeitstennis hatte er alle Mittel, um Federer, Nadal, Murray und auch Djokovic langfristig gefährlich werden zu können. Trotz seiner Körpergröße von fast zwei Metern wirkte er erstaunlich geschmeidig in seinen Bewegungen. Ja, dachte ich, von del Potro wird noch einiges kommen. Viele dachten so und schrieben schon das Ende der „Fab Four“ herbei. Aber: Es kam alles anders.