Kiwis Wimbledon-Prognose: An Serena führt kein Weg vorbei
tennis MAGAZIN-Kolumnist Nicolas Kiefer gibt seine Wimbledon-Tipps für den Titel im Dameneinzel ab und legt sich eindeutig auf Serena Williams fest. Kiwis Wimbledon-Prognose!
Schon klar, überraschend ist mein Tipp für die Wimbledon-Siegerin 2015 nicht. Serena Williams ist einfach zu dominant und zu stark, um ernsthaft auf eine ihrer Konkurrentinnen zu setzen. Was Serena fast schon unschlagbar macht, ist ihre Fähigkeit, auch bei schlechten Leistungen ihre Partien zu gewinnen. Das konnte man wunderbar bei ihrem Siegeszug in Paris verfolgen. Dort, auf Sand, ihrem schwächsten Belag, gelang es ihr immer wieder, Matches zu drehen. Auf dem Rasen in Wimbledon fühlt sich Serena viel wohler, ihr Spiel ist optimal für den schnellen Belag. Aufschlag und Return – das sind Riesenwaffen in ihrem Repertoire, die gerade auf Gras voll zur Entfaltung kommen.
Serena kann Geschichte schreiben
Außerdem ist sie unglaublich motiviert. Sie kann Geschichte schreiben, in doppelter Hinsicht. Zum einen kann sie als erste Spielerin seit Steffi Graf 1988 alle vier Majors in einem Jahr gewinnen – nach den Triumphen in Melbourne und Paris. Zum anderen fehlen ihr noch zwei Grand Slam-Titel, um die Open Era-Rekordmarke von Grafs 22 Majorsiegen zu erreichen. Sie kann zur größten Tennisspielerin der Historie aufsteigen. Das Erstaunliche: Dieser Gedanke blockiert sie nicht, er beflügelt sie regelrecht. Genau deswegen ist sie so gefährlich und so heiß auf weitere Siege. Serena präsentiert sich 2015 in Wimbledon anders als in den letzten beiden Jahre, als sie jeweils frühzeitig scheiterte (2013 im Achtelfinale an Sabine Lisicki). Sie tritt selbstsicherer und fokussierter auf.
Hinter Serena klafft im Damentennis eine Riesenlücke. Es gibt zwar einige für sie unangenehme Gegnerinnen, aber wenn die US-Amerikanerin ihr Spiel wie gewohnt aufziehen kann, sollten auch Titelverteidigerin Petra Kvitova, Maria Sharapova oder Lucie Safarova keine allzu großen Hürden für sie darstellen. Worauf Serena gerade bei den beiden Tschechinnen aufpassen muss: Sowohl Kvitova als auch Safarova sind Linkshänderinnen, die auf Rasen durchaus Gefahr ausstrahlen können. Der Aufschlag von der Vorteilsseite weit nach draußen auf Serenas Rückhand ist ein probates Mittel, um in die Ballwechsel zu kommen und Druck aufzubauen. Aber ob Kvitova und Safarova die nötige Konstanz haben, um Serena eine ganze Partie lang Paroli zu bieten, bezweifle ich. Und Maria Sharapova hat gegen die US-Powerfrau zuletzt vor elf Jahren gewonnen. Dabei wird es auch bleiben.
Lisicki & Kerber mit großen Aussichten
Aus deutscher Sicht muss man natürlich Sabine Lisicki am meisten in Wimbledon zutrauen und auf sie wetten – das hat ja schon Tradition. Wimbledon ist ihr Turnier, Rasen ist ihr Belag, da passt alles zusammen. Das Positive für sie ist: Durch ihren erstklassigen Aufschlag kann sie die ersten ein, zwei Bälle nach dem Service auch mit nicht so guter Beinarbeit einfach wegspielen und macht dann oft schon den Punkt. Auf Sand funktioniert so eine Spielweise nicht, aber eben auf Rasen. Neben Lisicki ist auch Angelique Kerber dafür gut, weit ins Tableau vorzustoßen. Kerber strotzt vor Selbstbewusstsein – wozu so ein Turniersieg (in Birmingham auf Rasen) vor dem Saison-Highlight doch gut sein kann. Wie sie in der ersten Runde die junge Deutsche Carina Witthöft mit 6:0, 6:0 vom Platz geschossen hat, war schwer beeindruckend.
Apropos: Gut gefällt mir im Damenfeld übrigens auch Bethanie Mattek-Sands, die mit kompromisslosem Angriffsspiel unter anderem Schweini-Freundin Ana Ivanovic besiegt hat. Mattek-Sands ist eine erstklassige Doppelspielerin, die gerade in Paris im Doppel und Mixed triumphierte. Sie spielt fast nur Serve-and-Volley, setzt den Slice oft als Angriffsball ein und hat ein feines Händchen vorne am Netz. Viele Gegnerinnen – wie Ivanovic – sind von dieser Spielweise einfach überfordert, weil sie ihnen so fremd ist. Bei den Damen kommt niemand mit stetiger Regelmäßigkeit ans Netz. Wenn es dann mal eine Spielerin macht, kann das durchaus erfolgsversprechend sein – gerade auf Rasen.
Ob Mattek-Sands mit ihrem Stil den Titel holen kann? Nein, das sicher nicht. An Serena Williams führt auch für sie kein Weg vorbei.
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