Kyrgios nicht bei den Australian Open dabei

Bild: AFP/AFP/Saeed KHAN

Kyrgios: „Tennis braucht andere Persönlichkeiten“

Kein Tennisspieler verkörpert das „Bad Boy“-Image so passend wie Nick Kyrgios. Doch der Australier sieht das Ganze ein bisschen anders. Im Podcast „ImPaulsive“ mit Logan Paul lässt der 27-Jährige tief blicken, spricht über seine schwierigen Zeiten mit Alkohol und Drogen, sein Gewicht und wie er heute damit umgeht.

Er zertrümmert Schläger, wirft mit Stühlen um sich, diskutiert mit Zuschauern und Schiedsrichtern, nimmt kein Blatt vor den Mund – dafür ist der 27-jährige Australier Nick Kyrgios bekannt. Was man ihm aber gleichermaßen eingestehen muss: Mit seiner Art unterhält er das Publikum wie kein Zweiter, lockt die Fans ins Stadion und wird zum Gesprächsthema Nummer eins. Trotz seiner Eskapaden hat Kyrgios viel Erfolg: Vier Titel hat er auf ATP-Level gewonnen, stand 2022 im Wimbledon-Finale gegen Novak Djokovic und ist immerhin aktuell unter den besten 20 Spielern der Weltrangliste platziert.

Im Podcast mit Logan Paul, ein US-amerikanischen Influencer, Schauspieler und Wrestler, ließ der Wimbledon-Finalist nun etwas tiefer blicken. „Ich sehe mich definitiv nicht als ‚Bad Boy‘“, sagte er. „Die Leute haben mir diesen Stempel aufgedrückt, seitdem ich auf der Tour bin. Eigentlich habe ich gar nichts verrücktes getan. Ich habe vielleicht ein paar tausend Schläger zerstört. Das muss man nicht dulden, es ist nicht gut. Aber ich bin einfach anders.“

Ob es nun gut sei, dass man Schläger zerstört, stellt Kyrgios also selbst in Frage. Er denkt aber auch, dass er seinem eigenen Sohn eher raten würde, einen Schläger zu zerstören, als den Frust mit nach Hause zu nehmen.

Kyrgios: „Die Persönlichkeiten im Tennis sind etwas eingefahren“

Angesprochen auf eine obszöne Szene, die er sich vor einigen Jahren auf dem Court in Queens mit einer Flasche erlaubte, gesteht Kyrgios: „Ich weiß nicht, was ich mir dabei gedacht habe. Ich habe zu meinem Team geschaut, das in der Box saß, habe einfach einen Spaß gemacht.“ 15.000 US Dollar Strafe musste Kyrgios dafür zahlen.

Beim Wimbledon-Turnier 2022, als er im Finale Novak Djokovic unterlag, musste er erneut 10.000 US Dollar blechen. Der Grund: Kyrgios trug bei der Siegerehrung eine rote Kappe und rote Schuhe. „Tennis braucht andere Persönlichkeiten. Sie sind ein bisschen eingefahren“, sagt er. „Wenn man es mit anderen Sportarten vergleicht, mache ich nichts verrücktes. Aber ich darf nicht zu sehr aus der Reihe tanzen, sonst würde man mich suspendieren. Und ich muss spielen.“

Dass sein Verhalten nicht der Norm entspricht und gelegentlich Grenzen überschreitet, weiß Kyrgios. Gleichzeitig kritisiert er aber auch den Umgang mit seinem Charakter. „Es gibt nicht viele Menschen wie mich. Wenn jemand etwas auf Social Media postet, ist es meist über mich, Djokovic oder Nadal. Sie posten wenig über andere.“ Turnierveranstalter oder die Tour würden zwar mit seiner Persönlichkeit werben, ihn aber gleichzeitig kritisieren. „Dann sagen sie, man kann nicht so sein wie ich, nutzen aber meinen Namen, um Tickets zu verkaufen oder Fans anzulocken.“

Kyrgios: „Bin vermutlich der unprofessionellste Spieler“

Dass seine Art, sich auf Matches vorzubereiten, sich massiv von anderen Profis unterscheidet, weiß Kyrgios. „Ich bin vermutlich der unprofessionellste Tennisspieler. Ich wärme mich nicht auf oder ähnliches“, sagt er. Das Leben auf der Tour sei hart, gerade für jemanden, der aus Australien kommt. „Für Tennisspieler aus Australien ist es wirklich brutal. Sieben bis acht Monate im Jahr muss man reisen“, erklärt er. Auch der mentale Aspekt beschäftige ihn viel. „Im Tennis verliert man praktisch jede Woche“, so der 28-Jährige. „Ich habe viele Hochs und Tiefs. Manchmal spielt man vier bis fünf Stunden, hat einen Tag Pause und steht dann wieder stundenlang auf dem Platz. Sieben Mal in Folge, wenn man einen Grand Slam gewinnen will. Das ist fast unmöglich.“ Wie er das psychisch bewältigt, weiß Kyrgios selbst nicht genau. „Das habe ich für mich noch nicht herausgefunden.“

Kyrgios: „Es ging mir so schlecht wie nie zuvor“

Eine zeitlang suchte er deshalb einen anderen Ausweg. Drogen und Alkohol begleiteten seinen Touralltag. „Ich habe fünf- bis sechs Tage pro Woche getrunken, zeitgleich aber auf höchstem Level gespielt. Das war sehr ungesund“, erzählt er. „Dann bin ich aufgewacht und musste wenige Stunden später gegen Rafael Nadal oder Stefanos Tsitsipas spielen. Das war untragbar. Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe. Ich habe in dieser Zeit sogar ein Turnier gewonnen. Die Medien haben geschrieben: ‚Hat Kyrgios die Wende geschafft?‘ Aber es ging mir so schlecht wie nie zuvor.“ Zu dieser Zeit habe er den Kontakt zu seiner Familie und Freunden gemieden. Mittlerweile stünden sie ihm wieder sehr nahe. „Das hat mir sehr geholfen.“

Auch seine negative Phase habe er überwunden. Alkohol trinke er nur noch zu gegebenen Anlässen, wie der Hochzeit seines Bruders. „Ich habe die Kontrolle wieder“, sagt er dazu. Mit der Beseitigung seiner Probleme und seiner neuen Freundin Costeen Hatzi habe er die Kurve nochmal bekommen. „Sie hat mir Selbstvertrauen gegeben, mir immer, wenn ich nicht mehr an mich selbst geglaubt habe, gesagt, ‚Du hast Talent, du kannst weit kommen‘.“

 

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Kyrgios: „Es ist aus dem Ruder gelaufen“

Aber warum ist der Australier überhaupt so tief gefallen? Für ihn sei der Grund die Erwartungshaltung der Gesellschaft gewesen. „Ich war ein normales Kind, habe den ganzen Tag gezockt, gesund und ungesund gegessen. Ich habe meinen eigenen Kram gemacht. Dann geschah alles über Nacht, als ich Nadal in Wimbledon geschlagen hatte. Die Fans sind durchgedreht, haben mir zu Hause aufgelauert“, erzählt Kyrgios. „Ich konnte dann die Bestleistungen nicht abrufen, die die Leute von mir damals erwartet hatten. Sie sagten: ‚Er verschwendet sein Talent. Er wird niemals weitkommen‘“, sagt er. „Das ist dann aus dem Ruder gelaufen. Die Medien haben immer negativ über mich berichtet. Irgendwann hat es mich tief getroffen. Ich bin verrückt geworden.“

 

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Im vergangenen Jahr kämpfte sich der 28-Jährige aber wieder zurück in den Top 20 und spielte um die großen Titel mit, wie im Finale von Wimbledon. „So seriös wie letztes Jahr war ich noch nie im Tennis. Ich habe täglich trainiert, war nicht feiern, ging zu Bett wie ein Profi“, erklärt er. „Ich habe immer gewusst, dass wenn ich mir das in den Kopf setze, kann ich es schaffen. Letztes Jahr habe ich alles ohne Coach geschafft. Trotzdem denke ich, dass ich es nicht auf das nächste Profi-Level schaffen kann. Ich kann so nicht leben.“

Kyrgios: „Ich sollte nicht hier sein“

Obwohl Kyrgios Tennis nur als „ein Hobby“ bezeichnet, beschreibt sich der Australier dennoch als „Kämpfer“. „Wir spielen doch alle, auch Computer-Spiele. Keiner will verlieren. Ich will gewinnen. Wenn du jemandem erzählst, dass du nicht gewinnen willst, lügst du.“

Dass Kyrgios nun einer der bekanntesten Sportler Australiens ist, weiß er. Unbehaglich ist ihm aber immer noch zu Mute, wenn er sich vor Augen hält, wie populär er mittlerweile ist. „Drake (der Rapper, Anm. d. Red.) hat mir nach Wimbledon geschrieben und Will Smith habe ich auch mal nach einem Match getroffen. Ich hätte niemals gedacht, dass ich mal in dieser Position sein werde. Das ist verrückt, ich denke mir immer noch, dass ich nicht hier sein sollte.“

Auch wenn ihm die Aufmerksamkeit um seine Person nicht immer gefällt, ist er sich sicher, dass er ein Vorbild für viele Kinder sein kann. „Alle Trainer an meiner Schule haben mir gesagt, dass ich es nicht nach oben schaffen kann, wegen meines Gewichts. Weil ich aber trotzdem meine Matches gewonnen habe, war es mir egal“, erzählt Kyrgios. „Heute ist das Coole, dass ich zu Kindern gehen kann, die Angst haben, aufgrund ihres Gewichts. Ich kann ihnen ein Foto von mir zeigen und sagen: ‚schau mal, diese Person hat Djokovic und Nadal geschlagen‘.“

Aktuell pausiert Nick Kyrgios nach einer Operation am Knie. Er verpasste deshalb auch den Start bei den Australian Open 2023. Auch wenn er langsam wieder in die Aufbau-Phase eingestiegen ist, glaubt er, dass er noch einige Monate brauchen wird, bis er wieder auf die Tour zurückkehrt, weshalb er auch die Masters-Events in Indian Wells und Miami abgesagt hat.

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