Mail aus Hannover: Niederlage auf Umwegen
Deutschland unterliegt Tschechien mit 2:3. Im letzten Einzel scheitert Alexander Zverev chancenlos an Lukas Rosol. Eine Analyse des dritten Davis Cup-Tages, dessen Verlauf man so nicht erwartet hatte.
Manchmal wird mal als Schreiber bestraft, wenn man seine Geschichten zu früh vorbereitet. Als Philipp Kohlschreiber und Tomas Berdych um kurz nach 13 Uhr die Arena in Hannover betreten, ist der Abgesang auf das deutsche Davis Cup-Team schon halb fertig. Kein Verriss, der wäre auch bei einer 1:3-Niederlage nicht verdient gewesen. Stattdessen eine kurze Analyse – dass der Gegner am Ende eben doch etwas zu stark und Berdych & Co. für Zverev und Kohlschreiber wie erwartet eine Nummer zu groß waren.
Ein starker Kohlschreiber
Dann ändert sich alles! Bei einem 0:2-Satzrückstand gibt Berdych das Match gegen die deutsche Nummer eins wegen einer Oberschenkelverletzung auf. Bis dahin hatte Kohlschreiber eine blitzsaubere Partie gespielt, um Klassen besser als am Freitag – und viel stärker als man es erwartet hatte. Er agierte offensiv, extrem variabel und bewegte seinen angeschlagenen Kontrahenten clever. Klar, Berdychs Verletzung war nicht zu übersehen. Er bewegte sich unrund, versuchte häufig gar nicht Stoppbälle zu erlaufen. Vor allem Richtungswechsel schmerzten im wahrsten Sinn des Wortes. Aber: Wer hin und wieder selbst auf dem Court steht weiß, dass ein Sieg gegen einen angeschlagenen Gegner beileibe kein Selbstläufer ist – schon gar nicht gegen Berdych, einen der besten aktuellen Davis Cup-Spieler überhaupt. Seit seinem ersten Einsatz 2003 hat er insgesamt 20-mal mindestens zwei bedeutende Punkte für sein Land erzielt, in den letzten 12 Davis Cup-Begegnungen gelang ihm dieses Kunststück elfmal.
Neue Heldengeschichte?
15:30 Uhr. Es steht also 2:2. Die vorbereitete Story landet im Papierkorb. Na gut, dann wird es eben die Heldengeschichte, schwarz-rot-goldene Feierlichkeiten. Zverev gegen Rosol im letzten Einzel. Das zweite Davis Cup-Match für den Youngster, der vorgestern gegen Berdych so unfassbar stark spielte. Gegen Rosol, Nummer 50 der Welt, wird er gewinnen und damit der erste 18-jährige Deutsche seit Boris Becker 1985, der einen entscheidenden Punkt für sein Team holt. Der Einstieg für die Story flutscht, das Gerüst für die Jubel-Zeilen steht zumindest im Kopf