QATAR TOTALENERGIES OPEN – QUARTER-FINALS

Für die Ukraine im Einsatz: Marta Kostyuk steht aktuell im Achtelfinale von Indian Wells. Bild: IMAGO / Naushad

Marta Kostyuk: „Als ukrainische Tennisspielerin erfahre ich Unterstützung in den USA“

Seit mehr als drei Jahren befindet sich ihre Heimat im Krieg, aber Tennisspielerinnen aus der Ukraine wie Marta Kostyuk versuchen trotzdem einfach ihren Job zu machen.

Die Bilder sind schon jetzt geschichtsträchtig und werden in keinem Jahres-Rückblick fehlen: Wie Donald Trump den ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij Ende Februar im Oval Office wie einen kleinen Schuljungen vorführte, muss vor allem für die Ukrainer und Ukrainerinnen selbst schwer zu ertragen gewesen sein. Noch schlimmer sind die Folgen des vorzeitig geplatzten Gesprächs: Die USA schränkten ihre Unterstützung für die Ukraine im Kampf gegen den Angreifer Russland ein.

Natürlich durchdringen solche weltpolitischen Geschehnisse auch die Tennis-Bubble, selbst wenn einem dieses Paralleluniversum mitunter ziemlich entrückt vom Rest der Welt vorkommt. Doch insbesondere auf der WTA-Tour sorgen Tennisspielerinnen aus der Ukraine immer wieder dafür, dass der Krieg in ihrer Heimat ein Thema im Circuit bleibt. Vor dem Hintergrund, dass die ukrainischen Top 100-Spielerinnen Marta Kostyuk, Elina Svitolina, Dayana Yastremska und Anhelina Kalinina aktuell in den USA spielen – jenem Land also, das sich nun eher dem russischen Aggressor Vladimir Putin zuwendet –, stellt sich die Frage, wie sie damit umgehen, einen ihren wichtigsten Verbündeten allem Anschein nach verloren zu haben.

Kostyuk: „Seit drei Jahren im Überlebens-Modus“

Die ukrainischen Damen nutzten ihre Plattform als öffentliche Profisportlerinnen schon oft, um auf die Zustände in ihrer von den Kriegswirren heimgesuchten Nation aufmerksam zu machen. Sie berichten davon, wie sie täglich Fotos und Videos von ihren Liebsten aus der Heimat auf ihr Handy bekommen und wie verstörend das für sie ist. „Wir sind seit Jahren im Überlebens-Modus“, sagte etwa Marta Kostyuk dem US-Portal The Athletic. „Es ist sehr wichtig, alles, was außerhalb des Platzes passiert, beiseite zu lassen und einfach da rauszugehen und die Arbeit zu machen, die man macht.“

Dayana Yastremska erzählte jüngst von ihrer alltäglichen Routine, sich zunächst mit mehreren Apps über die Situation in ihrer Heimstadt Odessa zu informieren, wo ihre Schwester, ihr Vater und ihre Großeltern noch leben. Wann gab es Raketenangriffe, für welche Stadtteile wurden Alarme ausgelöst? Sie macht das morgens vor dem Aufstehen und nach jedem absolvierten Match. Erst dann ruft sie zu Hause an.

Svitolina regelmäßig auf Frontbesuch

Elina Svitolina besucht sogar regelmäßig die Front in der Ukraine, um die Streitkräfte im Kampf gegen Russland zu unterstützen. „Ich besuche die Leute, um zu lernen, was in der Ukraine wirklich passiert und welche Hilfe gebraucht wird. Ich spreche oft mit Kämpfern und versuche, ihre Nachrichten in die Welt zu tragen. (…) Ich bin eine der Stimmen der Ukraine auf der ganzen Welt. Das hier ist meine Mission“, berichtete sie jüngst in der BILD-Zeitung.

Beim aktuell laufenden Turnier in Indian Wells haben Kostyuk und Svitolina bereits das Achtelfinale erreicht. Yastremska scheiterte in der dritten Runde an Iga Swiatek. Kostuyk erzählte nun, dass ihr Smartphone nach dem Rausschmiss Selenskijs aus dem Weißen Haus regelrecht explodierte – weil ihr amerikanische Freunde und Bekannte massenhaft Nachrichten schickten, um ihr Mitgefühl auszudrücken. „Es gab viele Nachrichten und viele Entschuldigungen, das ist erstaunlich“, sagte sie in ihrer Pressekonferenz nach dem Sieg über Robin Montgomery. „Es ist unglaublich zu sehen, dass die Menschen uns in den USA immer noch unterstützen.“

Kostyuk: „Bin dankbar für all diese Menschen“

Kostyuk war untröstlich, als sie mit ansehen musste, wie ihr Präsident vor laufenden Kameras derart gedemütigt wurde. Aber sie hat sich inzwischen mit dem Gedanken angefreundet, dass so viele Menschen in den USA schon früh nach dem russischen Angriff helfen wollten und es immer noch tun. „Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, dass es nicht nur eine Person war, die sich entschied, der Ukraine zu helfen und ein Verbündeter der Ukraine zu sein, sondern viele Menschen“, sagte sie. „Und ich bin sehr dankbar für all diese Menschen.“

Elina Svitolina an der Front bei Charkiv in ihrer Kampf-Uniform

Elina Sviitolina an der Front bei Charkiv in ihrer Kampf-Uniform.Bild: Instagram @elisvitolina

Yastremska äußerte sich weniger optimistisch. Vielmehr erfuhr sie aus der Heimat, dass die russischen Angriffe zugenommen hätten, nachdem die USA ihre militärische Unterstützung eingestellt hatten. „Nach dem, was an diesem Tag passiert ist, ist der Angriff auf die Ukraine stärker geworden als zuvor, und auf meine Stadt Odessa trifft das auch zu. Es war sehr heftig. An so vielen Tagen gab es kein Licht und kein Wasser.“

Svitolina spricht in der BILD davon, sie hätte das Gefühl, dass „wir noch stärker vereint sind, weil die USA uns in den letzten Wochen nicht viel helfen.“ Und weiter: „Trump hat gerade erst angefangen und bereits viele Entscheidungen getroffen, die den Ukrainern richtig weh tun. Ich bin einfach wirklich traurig für all die unschuldigen Menschen bei uns.“ Ihren Präsidenten Selenskij lobt sie hingegen in den höchsten Tönen: „Er ist großartig für die Ukraine.“

Für Kostyuk und Svitolina geht es nun am Mittwoch weiter in Indian Wells. Dann müssen sie wieder das Weltgeschehen und die fürchterlichen News aus der Heimat ausblenden und sich auf ihre Achtelfinal-Matches konzentrieren. Kostyuk trifft auf Zheng Qinwen, Svitolina auf Jessica Pegula.