Tennis 2016 ATP Tennis Herren World Tour Finals at The O2 Day Eight Singles Final Andy Murray

Kennen sich seit etlichen Jahren: Novak Djokovic und Andy Murray. Bild: Imago / COLORSPORT ANDREW COWIE

Medvedev-Coach: „Andy Murray hat keine Ahnung vom Training“

Auf das Spieler-Trainer-Gespann Novak Djokovic und Andy Murray freut sich die Tenniswelt. Aber es gibt auch kritische Stimmen zu der neuen Konstellation.

Was auch immer am Ende dabei herauskommt: Ein ­spannenderes Spieler-Trainer-Gespann hat es auf ATP-Tour noch nicht gegeben. Der erst im Sommer zurückgetretene Andy Murray wird Novak Djokovic dabei helfen, dass dieser nach Möglichkeit schon bei den Australian Open 2025 seinen 25. Grand Slam-Titel holt.

Was für ein Plot-Twist: 36-mal standen sich die einstigen Rivalen gegenüber, 25-mal gewann Djokovic – davon allein viermal im Finale der Australian Open. Aber: Murray und Djokovic waren auch stets eng befreundet, schätzen sich weit über das Tennis hinaus. „Willkommen an Bord, Coach“, schrieb Djokovic auf seinen Kanälen. „Den Ruhestand hast du doch eh nie gemocht!“

Inzwischen sind weitere Details der Zusammenarbeit bekannt geworden. So wird Novak Djokovic seine Saison 2025 beim ATP-250-Turnier in Brisbane beginnen (Start: 29. Dezember 2024). Andy Murray – so berichten es mehrere Medien – wird aus persönlichen Gründen nicht in Brisbane dabei sein. Der Start bei dem eher kleinen 250er-Turnier überrascht, weil Djokovic nach den Olympischen Spielen in Paris gesagt hatte, dass ihn Turniere jenseits der Grand Slam-Events und Einsätzen für die serbische Nationalmannschaft nicht mehr sonderlich interessieren würden. Anscheinend hat er für das Tennisjahr 2025 neue Motivation schöpfen können, die ihm nach dem Olympia-Gold zwischenzeitlich abhanden gekommen war.

Zusammenarbeit mit Murray spornt Djokovic an

„Ich werde mehr Turniere spielen als 2024“, sagte er in einem Interview mit der Gazzetto dello Sport und fügte hinzu, dass er frisch und bereit sei, Jannik Sinner und Carlos Alcaraz, die er als die beiden besten Spieler der Welt ansieht, in der kommenden Saison um Grand-Slam-Titel herauszufordern. Das kam man schon als eine kleine Kampfansage interpretieren: Sein Feuer ist wieder da. Gut möglich, dass Andy Murray daran seinen Anteil hat und seinen alten Kumpel nochmal richtig motivieren konnte.

„Die Zusammenarbeit mit Andy spornt mich an, keine Frage“, räumte auch Djokovic am Rande des Formel-1-Wochenendes in Katar. Djokovic war dort zu Gast und schaute sich das Rennen an. Er sprach dort mit einigen TV-Stationen und gab Einblicke in den Murray-Deal: “Ich habe sechs Monate lang überlegt, ob ich einen Coach brauche und was er mitbringen muss. Es kamen mehrere Namen auf den Tisch und ich habe festgestellt, dass mein perfekter Trainer am besten mehrere Grand Slams gewonnen und die Nummer eins der Welt gewesen sein muss, um mir helfen zu können. So kam ich auf Andy Murray.“

 

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Schließlich rief er Murray an, erzählte Djokovic: „Ich erwischte ihn auf dem falschen Fuß. Er hatte nicht damit gerechnet. Wir haben uns dann aber recht schnell gefunden. Er hat es nach ein paar Tagen akzeptiert. Diese Zusammenarbeit ist auch für mich eine Überraschung.“ Was besonders wichtig für den Serben ist: Murray kennt all die Situationen, in die Djokovic geraten wird auf seiner Jagd nach dem 25. Grand Slam-Titel: „Er hat in allen Stadien der Welt wichtige Matches gespielt.“ Eine weitere Komponente ist die private Basis der beiden. Sie sind über all die Jahre eng befreundet gewesen.

Die Vorfreude, dass Gespann Djokovic/Murray in Aktion auf dem Court zu sehen, ist groß. „Ich denke, es ist großartig für das Tennis und auch für die beiden in Bezug auf die Leidenschaft, die sie dem Sport entgegenbringen. Es wird faszinierend für uns alle sein, die wir an der Seitenlinie sitzen, um zu sehen, wie diese Partnerschaft funktionieren wird“, frohlockt etwa Mark Petchey, der früher einmal selbst Andy Murray gecoacht hat.

Petchey warnt allerdings davor, diese Zusammenarbeit nur auf die Freundschaft der beiden zu reduzieren: „Andy würde nicht Novak nach Australien begleiten, wenn es nicht darum geht, ein weiteres Mal die Australian Open zu gewinnen.“ Was er meint: Murray wird seinen neuen Job extrem ernst nehmen.

Auch Ivan Ljubicic, Ex-Coach von Roger Federer, kann dem Duo Djokovic/Murray nur Positives abgewinnen. „Das ist fantastisch für den Sport. Ich habe beiden eine Nachricht geschrieben, um ihnen mitzuteilen, wie aufgeregt ich bin und dass ich ihre Entscheidung verstehe“, sagte Ljubicic im Gespräch mit der L’Equipe. „Ich hoffe, dass das Ergebnis positiv sein wird. Dass Murray im Sport aktiv bleibt, finde ich toll. Ich denke, dass Andy, der ja nicht dreißig Wochen lang pro Jahr reisen kann, bei den Grand Slams und einigen wichtigen Turnieren dabei sein wird.“

Gilles Cervera: „Andy Murray hat keine Trainingsidee“

Gilles Cervera, Coach von Daniil Medvedev, ist indes nicht restlos von der Partnerschaft überzeugt. Er sagte der L’Equipe: „Grundsätzlich überrascht es mich nicht, dass Andy wieder zurückkommt auf die Tour. Er kann nicht lange still zu Hause rumsitzen. Aber er hat keine Trainingsidee. Andy hat von Training keine Ahnung, er muss das also im Handumdrehen lernen.“

Trotz dieser Feststellung sieht Cervera aber auch Vorteile: „Was den Trainer angeht, kennt sich entweder Novak so gut, dass er niemanden sonst braucht. Oder er wird den Rest des Teams um Hilfe bitten. Zwischen Novak und Andy ist alles möglich. Ich kann mir vorstellen, dass diese Zusammenarbeit Diokovic etwas bringen wird. Dann gibt es eine physische und energetische Ebene, was bedeutet, dass es für ihn hart sein wird, mit oder ohne Murray, aber auch für einige seiner Rivalen.“

Worauf man sich auf alle Fälle freuen kann, ist der Humor von den beiden. Als Djokovic ein Foto mit Formel-1-Pilot George Russell letzte Woche postete, kommentierte Murray darunter trocken: „Er sollte eigentlich auf dem Trainingsplatz stehen.“ Djokovic konterte: „Sorry, Coach. Ich werde bald zurück sein.“