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Roger Federer führt Schulkinder auf den Tennisplatz in Maseru, Lesotho, 2023. Dies ist nur eins der zahlreichen Fotos aus der neuen Biographie "Federer", die am 4. September bei Assouline erscheint. Bild: Roger Federer Foundation/ Photography by Jens Honoré

Neue Biographie: Roger Federer öffnet sein Familien-Fotoalbum

Anfang September erscheint die erste „visuelle Biographie“ von Roger Federer, die der Schweizer auch mit Hilfe einer bekannten deutschen Tennisjournalistin anfertigen ließ.

Wer den Begriff „Roger Federer“ in die Online-Suchmaske der Buchhandelskette Thalia eingibt, bekommt per Knopfdruck 618 Einträge. Auch wenn nicht alle angezeigten Ergebnisse dem Suchbegriff hundertprozentig entsprechen: Die bereits erschienen Bücher über Roger Federer sind kaum noch zu überblicken.

Es gibt die klassischen Biografien, zum Beispiel von Christopher Clarey („Roger Federer – Der Maestro“) oder von René Stauffer („Roger Federer“), literarische Beschreibungen von Federers Spielkünsten (David Foster Wallace – „Roger Federer“) und ein Kinderbuch („Globi und Roger“). Mark Hodgkinson brachte sogar mal die „Fedegraphica“ heraus, eine „grafische Biografie über das Genie Roger Federer“. Die Reihe lässt sich fast endlos fortsetzen.

„Federer“, eine „visuelle Biographie“, erscheint am 4. September

Am 4. September kommt nun ein weiteres Buch über Roger Federer auf den Markt, das allein deswegen schon besonders ist, weil er selbst und seine Frau Mirka fast zwei Jahre lang an dem Projekt mitgewirkt haben. In Zusammenarbeit mit dem Pariser Edelverlag Assouline, der sich auf die Konzeption üppiger „Coffee-Table-Books“ spezialisiert hat, wird eine sogenannte „visuelle Biografie“ mit dem Titel „Federer“ erscheinen.

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Die Federer-Biografie kostet in der Classics-Version 120 Euro. Nicht gerade günstig, aber das Buch ist tatsächlich optisch und inhaltlich ein Highlight.Bild: Assouline

Schwerpunkt des Buches sind Fotos, insgesamt mehr als 500, verteilt auf 336 Seiten. „Das Buch enthält bisher unveröffentlichte Fotografien und Erinnerungsstücke aus seiner Kindheit sowie Aufnahmen aus den privaten Kamera-Rollen von Roger und Mirka. Zusätzlich bietet es handgeschriebene Einblicke von Roger, die seine Reise auf und neben dem Platz auf intime Weise festhalten“, heißt es im Pressetext. Das Buch wird wie eine Art Familienalbum der Federers in Szene gesetzt.

Eine Foto-Auswahl, die vorab an Journalisten verschickt wurde, zeigt allerdings: Nicht alle Fotos sind wirklich exklusiv. Aber das sollte niemanden stören, denn Bildauswahl und Bildmenge entfachen auch so ihren Sog, dem man sich als Federer-Fan nur schwer wird entziehen können.

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Die komplette Familie Federer während eines Urlaubs auf den Malediven 2023.Bild: Courtesy of Federer Family Archives

Zum Beispiel die Familienbilder. Sie wirken liebevoll-vertraut und gewähren Einblicke ins Innerste der Federers. Wenn Mirka etwa völlig erschlagen auf dem Ehebett liegt, während einer der frisch geborenen Zwillingssöhne neben ihr schlummert und der andere, mit Mamas Fingern in der Hand, von einer der beiden größeren Zwillingstöchter umschmust wird, dann denkt man als Familienmensch schnell: „Mensch, wie bei uns damals!“ Es ist diese private Nähe auf einigen Fotos, die dieses Buch besonders wertvoll machen.

Federer-Biografie mehr als nur ein Schmuckstück

Zudem wird jeder, der sich intensiv mit dem Buch beschäftigt und es nicht nur als Schmuckstück auf dem Esszimmertisch rumliegen lässt, von den begleitenden Texten begeistert sein, die von der renommierten deutschen Tennis-Journalistin Doris Henkel stammen. Die mittlerweile in Hamburg lebende Henkel wurde für das Buch-Projekt explizit ausgewählt.

Wie es dazu kam, verrät Henkel per Mail. Die 70-Jährige ging 2022 in den wohlverdienten Ruhestand und hält sich aktuell in New York City auf. So wie sie es Ende August/Anfang September schon jahrzehntelang gemacht hat, denn dann ist schließlich US Open-Zeit. 2024, als Ruheständlerin, spielt das Grand Slam-Turnier in Queens aber nur noch eine Nebenrolle. Henkel ist einfach gerne in New York City, wo es immer etwas zu sehen gibt.

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Roger Federer auf dem Weg zu seinem US Open-Halbfinale 2014 gegen Marin Cilic.Bild: Chris Trotman/Getty Images for the USTA

Außerdem hat sie in ihrem Leben auch schon genug Tennis gesehen. Als Journalistin hat sie tatsächlich 117 Grand Slam-Turniere begleitet. Von den 31 Grand Slam-Endspielen, die Federer in seiner Karriere bestritt, sah sie 30 live im Stadion. Sie verpasste lediglich das Wimbledon-Endspiel 2005. Ohne Übertreibung lässt sich festhalten: Henkel kennt Federer so gut wie kein anderer deutscher Autor und vor allem kennt Federer auch Henkel – nach etlichen Pressekonferenzen und Interviews, die man gemeinsam bestritten hat.

Dennoch war Henkel überrascht, als im Februar 2023 eine Anfrage zu dem Buch-Projekt per Mail von Federer-Manager Tony Godsick in ihrem Postfach auftauchte. „Wow, große Freude, große Ehre“, erinnert sich Henkel. Natürlich sagte sie zu. Mit dem Verlag einigte sie sich darauf, die Texte auf deutsch zu schreiben. Übersetzer gäbe es genug, ließ Assouline ausrichten.

Mehrere Zoom-Calls mit Roger Federer

Es folgten mehrere Zoom-Calls mit Federer, die oft mehr als zwei Stunden dauerten. Gleich beim ersten Call fragte Henkel, warum der Auftrag ausgerechnet bei ihr gelandet sei. Federer antwortete: „Wir haben überlegt, wer könnte schreiben. Natürlich hätten es die Schweizer machen können. Aber du hattest mir bei meinem Abschied beim Laver Cup 2022 erzählt, dass du auch aufhörst, und da dachte ich: das passt doch prima, da hast du Zeit.“ Vermutlich wurde Henkel bei dieser Antwort etwas rot im Gesicht, aber das behält sie lieber für sich.

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Die Big Four beim Laver Cup 2022.Bild: Clive Brunskill/Getty Images for The Laver Cup

Sie ist sich aber auch darüber im Klaren, was ihr einen möglichen Vorteil gegenüber anderen Federer-Kennern insbesondere aus der Schweiz gebracht hat: Sie hatte selbst noch kein Buch über den Maestro geschrieben; die meisten anderen in Frage kommenden Autoren aber schon.

Die Calls, so beschreibt es Henkel, verliefen in einem angenehmen Plauderton. „Umwälzende Neuigkeiten“ haute Federer dabei nicht heraus. Er offenbarte aber viele persönliche Kleinigkeiten, was Henkel als „sehr schön“ empfand. Sie schickte dann ihre fertigen Textversionen im vergangenen Winter nach Dubai – ins Winter-Domizil der Federers. Dort beugten sich tatsächlich alle, inklusive Rogers Eltern, über die Schriftsätze und sendeten Henkel dann wiederum schriftliche Anmerkungen zurück.

Federer wollte für die Biografie eine deutsche Journalistin

Noch heute staunt die erfahrene Schreiberin über die Vorstellung, wie Roger, Mirka und die Eltern „meine Texte Zeile für Zeile durchgegangen sind“. Am Ende waren alle mit der deutschen Version zufrieden. In der englischen Übersetzung fanden sich zwar nicht alle ihrer Ideen wieder, aber ihr Fazit lautet am Ende: „Es macht mich einfach glücklich, dass mich Roger für dieses Buch haben wollte.“

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Doris Henkel, Autorin der neuen Federer-Biografie, bei einem ihrer zahlreichen Interviews mit dem Maestro.Bild: Matthew Stockers

Für Henkel ist das Buch so etwas wie ein Ritterschlag ihrer journalistischen Laufbahn, die Mitte der 70er-Jahre mit einem Volontariat bei der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung begann. Für die Leser ist das Werk ein fotografischer und literarischer Ritt durch die gesamte Karriere des Ausnahmespielers: von seinen Anfängen als kleiner Schweizer Bub bis hin zum Rücktritt als gefeierter Weltstar.

Das aufwendig gestaltete und üppig ausgestattete Buch, das es in drei Versionen gibt, hat allerdings seinen Preis. Die Classics-Version (25 x 33 cm | 336 Seiten) kostet 120 Euro, die Ulimate-Version (40,5 x 48 cm | 336 Seiten) 1200 Euro. On Top gibt es noch eine Limited Edition zum Preis von 2.000 Euro pro Buch. Dabei handelt es sich um 200 handsignierte Exemplare der Ultimate-Version mit einem handgemachten Buchschuber. Teile der Einnahmen durch den Buchverkauf fließen in die Roger Federer-Stiftung.

Ab sofort kann das Buch in der Classics-Version in dem offiziellen Assouline-Webshop vorbestellt werden.