Opelka gegen Perricard in Brisbane: Duell der Aufschlag-Giganten
Reilly Opelka meldet sich endgültig zurück: Im Viertelfinale von Brisbane bezwang er Novak Djokovic. Nun muss der Service-Spezialist gegen einen anderen Aufschlag-Experten antreten: Giovanni Mpetshi Perricard.
„Serve-Bots“ werden Spieler wie Reilly Opelka und Giovanni Mpetshi Perricard oft verächtlich im Web genannt: Sie könnten nur unfassbar gut aufschlagen, aber sonst eigentlich kein Tennis spielen. Wie unzutreffend diese Einschätzung ist, zeigt sich aktuell beim ATP-Turnier in Brisbane. Denn: Opelka und Perricard treffen dort im Halbfinale aufeinander. Und das haben sie nicht nur ihren exzellenten Aufschlägen zu verdanken.
Während der Vormarsch des Franzosen Perricard von vielen fast schon erwartet wurde, weil er sich bereits 2024 unter anderem durch seinen Turniersieg in Basel bis auf Platz 30 im Ranking hochgespielt hatte, kommen die Erfolge von Reilly Opelka eher aus dem Nichts. Der 27-jährige US-Profi hat eine über zweijährige Verletzungsodyssee hinter sich, die im Welttennis höchstens mit der von Juan Martin del Potro zu vergleichen ist.
Reilly Opelka: „Hatte unerträgliche Schmerzen“
Opelka spielte im August 2022 in Washington, als seine Hüftprobleme unerträglich wurden. Eine Diagnose ergab, dass sich im Hüftgelenk ein gutartiger Tumor gebildet hatte, der mit Beginn der US Open 2022 operativ entfernt wurde. Sechs Monate später hatte Opelka ein neues Problem: Die Sehne im rechten Handgelenk schmerzte, er musste sie operieren lassen. Einen Rücktritt vom Tennissport schloss er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr aus. „Ich war bei einer schlechten Chirurgin, sie vermasselte es. Das Handgelenk entzündete sich. Ich hatte unerträgliche Schmerzen, konnte nachts nicht schlafen, der ganze Arm und die Hand waren betroffen. Ich brauchte also eine zweite Operation, und das verursachte Probleme, nachdem ein Gipsverband an meinem Arm zu Nervenproblemen führte“, fasste Reilly Opelka im Sommer 2024 gegenüber der Palm Beach Post seine Krankheitsgeschichte zusammen.
„You ask yourself – what would Novak be doing in my situation?“
Reilly Opelka took inspiration from opponent Djokovic during his lengthy injury layout 💪 pic.twitter.com/MEHjYeaOhL
— Tennis TV (@TennisTV) January 3, 2025
Sein Comeback gab Opelka beim Rasenturnier in Newport 2024. Dort sagte er: „Ich möchte eine ganze Saison absolvieren wie vor ein paar Jahren. Das ist jetzt das Hauptziel.“ Und weiter: „Im Alter von 30 Jahren will ich das beste Tennis meines Lebens spielen.“ Opelka stand schon in den Top 20, gewann bereits vier ATP-Turniere. Nun begann er die Saison 2025 mit einem echten Karriere-Highlight.
Nach Siegen über Federico Agustín Gómez und Matteo Arnaldi bezwang der 2,11 große Opelka in Brisbane auch Novak Djokovic. Bei seinem 7:6, 6:3-Sieg blitzten ganz neue Qualitäten in seinem Spiel auf. Opelka zeigte sich beweglich wie nie und konnte sogar in den Grundlinien-Rallyes mithalten. Im gelangen Passierbälle aus vollem Lauf und Winner aus brenzligen Lagen. Und, natürlich, auf seinen Aufschlag konnte er sich wie üblich verlassen (16 Asse). Erstaunlich: Mit den Grundschlägen ballerte er 19 Winner ins Feld: 15 mit der Vorhand, vier mit der Rückhand. Am Ende nutzte er einen von fünf Breakbällen, um das Match zu gewinnen. Djokovic hingegen erspielte sich nur einen Breakball, den er aber nicht verwandelte.
Novak Djokovic 🤝🏼 Reilly Opelka pic.twitter.com/bAmPGIcVaG
— Mario Boccardi (@marioboc17) January 3, 2025
Reilly Opelka: „Gegen Novak kann ich befreit aufspielen“
„In einem Match gegen Novak habe ich nichts zu verlieren“, gab Opelka im Anschluss an seinen Sieg zu. „Ich kann gegen ihn befreit aufspielen und mehr Risiko gehen. Heute hat dann tatsächlich so gut wie alles geklappt. Das ist dann auch schwer für Novak.“ Opelka ist nicht der Typ für große Emotionen auf dem Platz, aber immerhin sagte er noch: „Ich musste einen langen Weg zurücklegen, um das hier erleben zu können. Ich habe meine guten Kumpels Tommy Paul und Taylor Fritz im TV gesehen, als ich noch auf Krücken gehen musste. Nun können wir alle drei bei den Australian Open starten.“
Doch bevor das erste Grand Slam-Turnier des Jahres beginnt, wird Opelka einem absoluten „In-Form-Player“ gegenüberstehen. Giovanni Mpetshi Perricard hat durch seine Siege gegen Nick Kyrgios, Frances Tiafoe und Jabuk Mensik gezeigt, dass sein Durchbruch 2024 kein Zufall war. Perricard ist mit 2,03 Metern Körperlänge zwar etwas „kleiner“ als Opelka, aber sein Aufschlag kann ähnlich viel Schaden anrichten wie der des US-Profis – wenn nicht sogar noch mehr. Während Perricard in Brisbane noch kein Service-Game verlor und insgesamt 75 Asse servierte, musste Opelka schon ein Break hinnehmen (gegen Arnaldi) und kommt „nur“ auf 50 Asse.
‘Mpetshi Perricard can only serve’ pic.twitter.com/GdyAsZF34C
— Valerix Sancto (@ValerixSancto) January 2, 2025
Klar ist: Opelka gegen Perricard wird ein vom Aufschlag dominiertes Match werden (ab 11.30 deutscher Zeit live bei Sky). Je nach Matchverlauf sind mindestens zwei Ass-Rekorde in Gefahr. Zum einen der Bestwert für die meisten Asse in einem Drei-Satz-Match, der aktuell bei 47 steht und erst vergangenes Jahr von Milos Raonic beim Turnier in Londoner Queens’s Club aufgestellt wurde. Zum anderen der Rekord für meisten Asse insgesamt in einem Drei-Satz-Match, den Opelka und John Isner gemeinsam beim ATP-Turnier in New York 2019 aufstellten: Die beiden hämmerten in Summe 81 Asse ins Feld (Opelka 43, Isner 38).
Für die Freunde des gepflegten Bum-Bum-Tennis wird Opelka gegen Perricard jedenfalls des erste Highlight des noch jungen Tennisjahres.