Punktspielbälle: Ganz heiße Ware
Zeiten, die zum Glück vorbei sind. Die Firmen sind nicht mehr gewillt, unverhältnis-mäßig hohe Preise zu zahlen. Die Zahl der Tennisspieler nimmt ab, in vielen Verbänden gibt es heute Vierer- statt Sechserteams. Folge: Es werden weniger Bälle benötigt. In den Verhandlungsrunden, die alle zwei oder drei Jahre stattfinden, sollen die Zahlungen an die Verbände inzwischen im Schnitt um rund fünf bis zehn Prozent geringer ausfallen. Der Tennisverband Mittelrhein veröffentlichte in seinem Jahresbericht 2013 Einnahmen von Ballfirmen (Dunlop, Tretorn, Head) in Höhe von 341.700 Euro – das sind rund 80 Prozent aller Sponsoreneinnahmen des Verbandes und mehr als ein Viertel des Gesamtetats. Allerdings: Noch vor wenigen Jahren waren es 490.000 Euro. Die fehlenden Beträge musste der Verband 2014 durch eine Beitragserhöhung um einen Euro pro Mitglied ausgleichen.
Offener Ballmarkt in Österreich
Die enge Verzahnung von Verbänden und Ballfirmen beherrschte früher auch den Markt in Österreich. Dort kippte das System allerdings, weil die Firmen Tretorn und Dunlop gegen eine Monopolstellung des Penn-Balls (heute Head) klagten – mit Erfolg. Hintergrund: Tretorn und Dunlop erhielten mit ihren Bällen damals keinen Zugang zu den österreichischen Verbänden. Der Unterschied zum deutschen System: In Österreich wurde der Ballmarkt zentral gesteuert. Die Firmen verhandelten nicht mit den Landesverbänden, sondern mit dem Dachverband, dem ÖTV. Aus kartellrechtlicher Sicht war dies ausschlag-gebend für den Erfolg der Klage. Inzwischen darf bei Punktspielen in Österreich jeder ITF-zertifizierte Ball eingesetzt werden. Jede Mannschaft muss vor der Saison festlegen, mit welchem Ball sie spielen wird. Folgen: viel günstigere Bälle, aber keine gleichen Wettbewerbsbedingungen. Und: Die Verbände müssen die fehlenden Einnahmen von den Ballfirmen ausgleichen, die jedoch bei weitem nicht so hoch waren wie in Deutschland.
So etabliert das System hierzulande auch sein mag: Es gerät ins Wanken, die jahrelangen Strukturen könnten schon bald zerbröseln, ähnlich wie in Österreich. Denn: Den Landesverbänden bietet sich mittlerweile eine Alternative – der verbandseigene Spielball.
Boris Krumm, Geschäftsführer der Firma Topspin, kontaktierte vor zwei Jahren alle 18 Landesverbände mit einem entsprechenden Konzept. Topspin, laut Eigenwerbung Deutschlands größter Vollsortiment-Hersteller von Tennisartikeln, bot den Verbänden einen kostengünstigen und hochwertigen Spielball an. Die Vorteile: Die Landesverbände wären nicht mehr abhängig von den Geldern der Ballhersteller, sie könnten ihre Bälle selbst vermarkten und so auch – zumindest langfristig – Gewinne erwirtschaften. Vor allem aber würden die Spieler profitieren, weil eine Vierer-Dose mit Spielbällen für schätzungsweise unter zehn Euro zu haben wäre. Bei dem Preis würden die meisten auch für ein Trainingsmatch zum Spielball greifen, was letztlich auch wieder der Verbandskasse zugute kommen würde. So könnten die ausbleibenden Zahlungen der Ballhersteller kompensiert werden. Topspin hätte über individuell angepasste Webportale den Vertrieb für die einzelnen Verbände übernommen. „Die meisten Landesverbände waren grundsätzlich offen für das neue Konzept“, behauptet Krumm. Doch bislang wagte sich keiner an die Umsetzung, niemand will der Erste sein, der das alte System zum Einsturz bringen könnte.
Der Hessen-Ball kommt
Oder vielleicht doch? Im Hessischen Tennis-Verband (HTV) deutet nach tennis MAGAZIN-Informationen alles darauf hin, dass man neue Wege geht. Allerdings nicht mit Topspin, dem Wegbereiter in Sachen „Verbandsball“, sondern mit anderen Partnern. Eine Ballfabrik in Thailand, die unter anderem auch für die französische Marke Tecnifibre Bälle produziert, soll die heiße Ware liefern; den Vertrieb in Hessen wickelt der Online-Versender Tennis-Point ab. Der HTV will Ball und Dose als Werbemittel nutzen. Ein hessischer Wettanbieter soll dafür bereits als Sponsor gewonnen worden sein und pro Jahr einen sechsstelligen Betrag zahlen. HTV-Präsident Dirk Hordorff wollte die Informationen weder bestätigen noch dementieren. Feststeht: Das HTV-Präsidium hatte 2013 beschlossen, sich nach Alternativen zum bestehenden System umzusehen, weil sich immer mehr Mitglieder über die hohen Kosten für die Spielbälle beklagten. Der „Arbeitskreis Spielbälle“ wurde gegründet, der Angebote einholte und eine Umfrage in Hessen zum Ballverbrauch durchführte. Resultat: Für 2013 kam der Verband auf rund eine Million gespielte Bälle. Für den Punktspiel- und Turnierbereich sollen es 320.000 sein, für den Freizeitgebrauch 670.000.
Aufgrund dieser Zahlen hält der HTV einen „Verbandsball“ für lukrativ. Er will nicht nur seine Mitglieder entlasten, sondern auch selbst an dem Ballgeschäft verdienen. 2013 erhielt der HTV (Jahresetat: ca. 2,5 Millionen Euro) 455.000 Euro durch Sponsoren. In diesem Posten sind die Ballgelder zu mindestens 80 Prozent enthalten. Sollte der HTV einen eigenen Ball auf den Markt bringen, muss er mit diesem also etwa 350.000 Euro Gewinn erwirtschaften – oder die Summe über andere Kanäle auffangen.
Ob die Rechnung aufgeht, hängt nach Meinung vieler Insider von der Qualität des verbandseigenen Balls ab. Ist er tatsächlich gut und günstig, wie vom HTV in Aussicht gestellt wird, könnte es klappen, weil sich der Ball dann gut verkaufen ließe. Erfüllt er aber nicht die Erwartungen der Spieler, droht dem Verband auch wirtschaftlich ein immenser Schaden.
Pläne gefährden das System
In der Ballbranche stoßen die neuen Wege des HTV schon jetzt auf erheblichen Widerstand. Die großen Hersteller befürchten, dass andere Verbände das „Hessen-Modell“ kopieren werden, womit die alte Ordnung endgültig ausgedient hätte. Angeblich werden sogar rechtliche Klagen gegen eine Monopolisierung geprüft, da die Spielbälle nur beim Online-Versender Tennis-Point erhältlich sein sollen und regionale Fachhändler vom Verkauf ausgeschlossen werden. Christian Miele, Geschäftsführer von Tennis-Point, entgegnet: „Wir wollen den Händlern, die bisher Spielbälle verkauft haben, nicht das Geschäft entziehen. Wir werden ihnen den Ball zu günstigen Einkaufskonditionen anbieten.“
Der Firmen Wilson, Tretorn und Head sind dennoch skeptisch. Ihr einhelliger Tenor: „Wir halten das deutsche Tennis mit unseren Geldern seit mehr als 30 Jahren am Leben. Die Pläne in Hessen gefährden das System.“ Marktführer Dunlop wollte sich auf Nachfrage nicht äußern. Das Thema sei zu brisant. Es herrscht Unruhe in der Szene, jeder schaut jetzt nach Hessen.Air Jordan 4 Retro Off – CV9388 – White Sail – 100 – Jordan Brand quietly slipped in a new rendition of the low-top | Cra-wallonieShops , Online Shopping for the Latest Clothes & Fashion