Die Roger Federer-Taktik – Alles auf Angriff!
In den letzten zwei Jahren hat Roger Federer sein Spiel optimiert – und zeigt 2015 sein vielleicht bestes Tennis überhaupt. Mit 34 Jahren ist er der wohl stärkste Angreifer auf der Tour. In unserer neuen Ausgabe erklären wir die neue Roger Federer-Taktik, analysieren Statistiken der vergangenen 15 Jahre und zeigen, wie seine neue Returnwaffe, der „SABR“, funktioniert.
Natürlich ist Novak Djokovic, wenn es nach den Siegen geht, der Spieler der Saison 2015. Der Serbe gewann drei von vier Grand Slam-Turnieren, erreichte in Paris zudem das Endspiel und führt am Jahresende die Weltrangliste mit einem Riesenvorsprung an. Und trotzdem ist gefühlt Roger Federer der Mann des Jahres, der durch ein paar taktische Feinjustierungen einen goldenen Herbst seiner Karriere erlebt. zehn Titel in den letzten 22 Monaten, weitere acht Endspiele, Rückkehr auf Platz zwei der Weltrangliste. Klar, Federer galt immer als majestätisch und unantastbar, seine Art zu spielen als die eleganteste, die je auf diesem Globus praktiziert wurde. Fans huldigen ihm seit Beginn seiner Karriere wie einem Gott und Experten überhäufen ihn mit Superlativen.
Der beste Federer überhaupt?
Doch in dieser Saison erreicht der Hype um Federer eine neue Dimension. Weil er im Alter von 34 Jahren sein Spiel noch einmal so runderneuerte, dass Kollegen und Fachleute ihm bescheinigen, er würde 2015 sogar sein bestes Tennis überhaupt spielen – nach 17 gewonnenen Grand Slams in den Jahren 2003 bis 2012! Federers Entwicklung überrascht und begeistert die Massen vor allem deshalb, weil man ihn vor zwei Jahren bereits beerdigen wollte. Der Schweizer durchlebte den Tiefpunkt seiner Laufbahn, er galt als Auslaufmodell, das vor allem mit seiner einhändigen Rückhand in Grundlinienduellen nicht mehr konkurrenzfähig wirkte. Die Beinarbeit: nicht mehr so spritzig. Der Rücken: nicht mehr so belastbar. Der Aufschlag: nicht mehr so wirkungsvoll.
„Roger ist wie ein guter Wein“
Der neue Federer 2015 verfolgt vor allem eine Devise: alles auf Angriff! Seit er Anfang 2014 Stefan Edberg als Coach verpflichtete, begannen beide, das Spiel des Schweizers Schritt für Schritt zu optimieren. „Ein Rücktritt von Roger liegt noch in weiter Ferne, denn er ist wie ein guter Wein“, sagte der Schwede erst kürzlich. Und er ergänzte: „Vieles hat sich in seinem Spiel verändert. Es braucht Zeit, um sich daran zu gewöhnen. Wir wollen, dass er so wenig Energie wie möglich verbraucht und wir wollen sein Netzspiel forcieren, damit er möglichst viele leichte Punkte gewinnt.“
Der Einfluss von Stefan Edberg zahlt sich aus. Federer spielt 2015 so kompromisslos wie kein Profi zuvor in seiner von Grundlinienspielern geprägten Ära. Als Federer im Juli ins Endspiel von Wimbledon stürmte jubelte John McEnroe: „Federer spielt in dieser Saison das schönste Tennis, das ich je gesehen habe!“