Schüttler: „Irgendwie ist der Knoten geplatzt“
Rainer Schüttler erlebt in London gerade seinen zweiten Tennis-Frühling. Mit seinem Halbfinal-Einzug hat der „Shaker“ das Tableau ordentlich durcheinander gewirbelt und will nun auch gegen Rafael Nadal im Kampf um den Finaleinzug mitmischen. Im sid-Interview äußert sich Schüttler vor dem Showdown in der britischen Metropole und blickt zurück auf eine lange Leidenszeit.
sid: „Sind in den Tagen von Wimbledon viele Schulterklopfer von 2003 wieder aufgetaucht?“
Rainer Schüttler: „Ja, die Schulterklopfer sind wieder da. Es melden sich auf einmal Leute, von denen ich seit 2004 nichts mehr gehört hatte.“
sid: „Hat Patrik Kühnen oder einer Ihrer deutschen Spielerkollegen sich zwischendurch mal bei Ihnen gemeldet und Ihnen ein paar aufmunternde Worte zugerufen?“
Schüttler: „Mit den meisten deutschen Spielern habe ich immer Kontakt gehabt, man trifft sich ja oft auf den Turnieren. Insbesondere mit der jüngeren Generation habe ich ein gutes Verhältnis. Während Wimbledon haben Michael Berrer und Mischa Zverev nach jedem Match angerufen und mir gratuliert.“
sid: „Als Sie nicht mehr in den Top 100 waren, als einfach nichts mehr zusammenpasste, haben Sie da Unterstützung vom Deutschen Tennis Bund bekommen?“
Schüttler: „Nein, das hatte ich auch nicht erwartet. Ärgerlich ist nur, wenn man merkt, dass in einer schweren Zeit die Leute, die sich noch vorher mit mir gebrüstet haben, in der Öffentlichkeit auf einmal negative Statements abgeben.“
sid: „Ist das jetzt nur eine Genugtuung für Sie selbst oder auch im Hinblick auf die Kritiker aus der Zeit, als es nicht so lief?“
Schüttler: „Es ist für mich vor allem anderen eine Genugtuung, es mir selber bewiesen zu haben. Leute, die in den vergangenen Jahren nichts anderes zu tun hatten als meine Erstrunden-Niederlagen zu zählen, ohne überhaupt die Hintergründe zu kennen, sind mir mittlerweile völlig egal.“
sid: „Was ist auf einmal anders, wo kommt plötzlich wieder der „alte“ Rainer Schüttler her? Anders gefragt: Was ist in den ganzen Monaten der Erfolglosigkeit schief gelaufen?“
Schüttler: „Irgendwie ist hier der Knoten geplatzt, und das ist natürlich ein Traum, wenn das ausgerechnet beim wichtigsten Tennisturnier der Welt passiert. Es ist halt schwer, wenn man lange keinen Erfolg hatte, in den kritischen Momenten in einem Match die richtigen Bälle zu spielen, Selbstvertrauen zu haben und Fehler wegzustecken. Hier ist mir das sehr gut gelungen, der Teufelskreis ist durchbrochen.“
sid: „Gab es Zeiten, in denen Sie kurz davor waren, alles hinzuschmeißen?“
Schüttler: „Ja klar, manchmal haben sich solche Gedanken schon eingeschlichen. Dann habe ich mich gefragt, wofür ich mich Tag für Tag so quäle und die ganzen Niederlagen einstecke.“
sid: „Wer waren die festen Größen in schwerer Zeit?“
Schüttler: „Mein Coach Dirk Hordorff, meine Familie, ein paar enge Freunde, das war’s.“
sid: „Ab wann ging es aus Ihrer Sicht wieder stetig bergauf?“
Schüttler: „Im Jahr 2006 hatte ich Pfeiffersches Drüsenfieber, bis 2007 habe ich gebraucht, um mich davon komplett zu erholen. Ab Mitte letzten Jahres habe ich wieder angefangen, besser zu spielen. Ich war beim ATP-Turnier in Mumbai im Halbfinale und habe dort Hewitt geschlagen. Ende 2007 habe ich dann einen 150. 000-Dollar-Challenger in Malaysia gewonnen und bin in die Top 100 zurückgekehrt.“
sid: „Sie sind seit Michael Stich 1997 der erste Deutsche im Wimbledon-Halbfinale und nach Stich und Boris Becker erst der dritte überhaupt seit Beginn der Open Era 1968. Woran fehlt es im deutschen Tennis?“
Schüttler: „Der Nachwuchs in Deutschland wird nach wie vor so wenig gefördert, das finde ich besorgniserregend. Andererseits ist ein Wimbledon-Halbfinale halt schon etwas Besonderes und nicht so leicht zu erreichen, aber es waren ja durchaus einige Deutsche in den letzten Jahren hier im Viertelfinale.“
sid: „Wie schwer wird nach diesem grandiosen Wimbledon die Rückkehr in den normalen Turnieralltag? Wie motiviert man sich da?“
Schüttler: „Letztes Jahr habe ich eine Menge Challenger gespielt, das ist mir nicht schwer gefallen. Ich glaube, dass mich Wimbledon motivieren und beflügeln wird. Mein Selbstvertrauen ist zurück, da habe ich keine Angst vor der Zeit nach Wimbledon, im Gegenteil.“
sid: „Stichwort Olympia: Wie groß sind noch Ihre Hoffnungen auf eine Teilnahme in Peking?“
Schüttler: „Da muss mich ja zunächst mal der Deutsche Tennis Bund nominieren und dem Deutschen Olympischen Sportbund vorschlagen. Das ist wohl noch nicht passiert. Danach liegt es am DOSB, eine Härtefall-Regelung für mich zu akzeptieren. Ich kann da nur abwarten und hoffen.“
sid: „Sie haben mal gesagt, Peking wäre ein toller Abschluss Ihrer Karriere. Sollten Sie nominiert werden, wäre das dann tatsächlich das Ende des Tennisprofis Rainer Schüttler?“
Schüttler: „Nein, Peking wäre ein absolutes Highlight für mich, aber nicht das Ende meiner Karriere. Irgendwann werde ich aufwachen und das Gefühl haben, es ist genug, und dann werde ich die Entscheidung treffen. Jetzt bin ich gesund und fit, das ist wieder ein tolles Gefühl, und solche Momente wie diese Woche in Wimbledon geben einem viel Kraft und Motivation.“
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