Super-Talent Mirra Andreeva: Diese Rekorde hat sie mit 17 Jahren schon gebrochen
Mirra Andreeva ist die Spielerin der Stunde: Die Teenagerin mischt durch ihre jüngsten Erfolge die historischen Bestenlisten im Damentennis auf.
Der Ruf eines Wunderkindes eilt Mirra Andreeva schon eine ganze Weile voraus. Als sie 2023 wie aus dem Nichts per Wildcard bis ins Achtelfinale von Madrid stürmte, gelang ihr an ihrem 16. Geburtstag gleich ein neuer „Alters-Rekord“ auf der WTA-Tour: Bei einem WTA-1000er-Turnier wurde sie zur jüngsten Achtelfinalistin überhaupt, nachdem sie als 194. im Ranking die ehemalige US-Open-Finalistin Leylah Fernandez und die damalige Weltranglisten-14. Beatriz Haddad Maia besiegt hatte. Erst gegen Aryna Sabalenka war Endstation.
Andreeva jüngste Top Ten Spielerin seit Nicole Vaidisova
Schon damals waren sich die Experten einig: Mirra Andreeva wird künftig ganz oben im Damentennis mitmischen. Die Frage war nur: Wann wird sie so weit sein? Nach ihren jüngsten Erfolgen 2025 lässt sich festhalten: Die immer noch erst 17-Jährige ist nun in der Weltspitze angekommen. Seit ihrem 1000er-Titel von Dubai ist Andreeva die erste U-18-Spielerin seit Nicole Vaidisova 2006, die es in die Top Ten geschafft hat.
Im Mai 2007 stand Vaidisova, die zu dem Zeitpunkt gerade 18 Jahre alt war, auf Platz sieben der Weltrangliste. Höher kam die Tschechin in ihrer gesamten Karriere nicht. Wer sich an dieser Stelle fragt, wo denn Coco Gauff in dieser Aufzählung landet: Die Amerikanerin war 18 Jahre und 183 Tage alt, als sie im September 2022 erstmals in die Top Ten vordrang.
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Andreeva hat nun nach ihrem neuesten Coup mit dem Titel in Indian Wells Platz sechs auf der Damen-Weltrangliste erklommen – im Alter von exakt 17 Jahren und 322 Tagen. Und wenn sich nicht die gesamte Tennis-Fachwelt täuschen sollte: Das ist noch lange nicht das Ende der Fahnenstange. Sie gilt schon jetzt als Grand Slam-Titelanwärterin. Zu hoch gegriffen? Gut, eine 100-prozentige Garantie gibt es auch bei ihr nicht. Aber wer einen Blick auf ihre jüngsten Bestmarken wirft, wird zumindest schwer beeindruckt sein.
Was Andreeva und Graf gemeinsam haben
Andreeva ist die jüngste Siegerin von Indian Wells seit Serena Williams 1999. Damals war Williams 17 Jahre und knapp sechs Monate alt. In dem legendären 1999er-Finale von Indian Wells schlug Williams Steffi Graf mit 7:5 im dritten Satz. Es war ihr zweites und letztes Aufeinandertreffen. Das erste Match hatte Graf Anfang 1999 in Sydney gegen Williams gewonnen.
Indian Wells-Siegerin 2025: Mirra Andreeva hat nun die Chance, als jüngste Spielerin überhaupt in Miami das „Sunshine Double“ zu gewinnen.Bild: IMAGO / Imagn Images
Auf ihrem Weg zum Indian Wells-Titel gelang Andreeva eine absolute Seltenheit: Sie schlug mit Iga Swiatek und Aryna Sabalenka die beiden Weltranglistenführenden hintereinander. Das schafften als U-18-Spielerin nur Steffi Graf, Serena Williams und Tracy Austin.
Graf war ebenfalls 17 Jahre alt, als sie 1987 in Miami Martina Navratilova und Chris Evert bezwang. Serena Williams gelang dieses Kunststück kurz vor ihrem 18. Geburtstag bei ihrem ersten Grand Slam-Sieg 1999 in New York. Sie gewann erst gegen Lindsay Davenport und danach im Endspiel gegen Martina Hingis. Tracy Austin war hingegen erst 16 Jahre alt, als sie die US Open 1979 gewann und dabei Navratilova sowie Evert besiegte.
Andreeva jetzt mit 12:0 Siegen in Serie
Darüber hinaus ist Andreeva ist die jüngste Spielerin, die die Nummer 1 der Welt in einem WTA-Finale bezwingen konnte, seit Maria Sharapova 2005 in Tokio Lindsay Davenport besiegte. Sie ist zudem auch die jüngste Spielerin, die zwei WTA-1000er (früher: Tier-1-Turniere) in Folge gewann seit Martina Hingis 1997. Und, zu guter Letzt: Sie ist die jüngste Spielerin überhaupt, der zwölf Siege in Folge auf WTA-1000er-Level seit Einführung dieser Turnierkategorie 2009 gelangen.
Ihre Saison-Bilanz lautet aktuell: 19 Siege, drei Niederlagen. In den ersten zehn Wochen des Jahres schlug sie schon fünf Top Ten-Spielerinnen: zweimal Iga Swiatek, zweimal Elena Rybakina und einmal Aryna Sabalanka im Indian Wells-Finale. Gegen Sabalenka hatte Andreeva 2025 bisher kaum eine Chance. In Brisbane verlor sie 3:6, 2:6, bei den Australian Open sogar 1:6, 2:6.
In Indian Wells gelang ihr nun der zweite Sieg gegen Sabalenka, nachdem sie auch in Roland Garros 2024 gegen die aktuelle Nummer eins gewonnen hatte. Das Erstaunliche bei ihren letzten Auftritten: Wie reif und variabel Andreeva mit ihren knapp 18 Jahren schon spielt. Neigte sie früher noch zu Wutausbrüchen auf dem Court, wirkt sie nun komplett fokussiert – so als ließe sie sich durch nichts mehr ablenken. Gut möglich, dass dieses Verhalten auch die Folge der Zusammenarbeit mit einem Sportpsychologen ist. Zumindest gibt Andreeva dies als Grund für ihre steil ansteigende Formkurve an.
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Andreeva profitiert vom Input eines Sportpsychologen
„Im Vorfeld der Australian Open habe ich begonnen, mit einem Sportpsychologen zu arbeiten. Seit Doha und Dubai habe ich das Gefühl, dass ich mich sehr verbessert habe und stärker geworden bin“, sagte Andreeva im Interview mit dem Tennis Channel nach ihrem Halbfinalsieg gegen Iga Swiatek. Und weiter: „Ich habe das Gefühl, dass ich mental stabiler geworden bin und nun besser weiß, was ich tun muss. Ich versuche, immer positiv zu bleiben, und ich habe das Gefühl, dass mir das viel Kraft und Selbstvertrauen für mein Tennis gibt.“
Im Finale von Indian Wells offenbarte sich die mentale Stabilität, von der Andreeva sprach. Sie war eigentlich diejenige, die besser in die Partie gestartet war und beim Stande von 1:1 im ersten Durchgang hatte auch sie die ersten Breakbälle der Partie. Viermal hatte sie die Chance zum Break, aber sie konnte keine davon nutzen. Ruckzuck war der erste Satz im Anschluss weg. Dann, zu Beginn des zweiten Durchgangs, hatte Andreeva wieder drei Breakmöglichkeiten – und verwandelte erneut keine.
Matchübergreifend hatte Andreeva zu diesem Zeitpunkt eine ernüchternde Breakpunkt-Bilanz gegen Sabalenka – nämlich 0:18. Es wäre nicht verwunderlich gewesen, wenn Andreeva an dieser Stelle innerlich kapituliert oder mit sich gehadert hätte. Aber nichts davon geschah. Sie spielte scheinbar unbeirrt weiter, steigerte ihr Level und dann breakte sie zur 3:2-Führung. Kurz danach kam es zum „Key-Point“ der Begegnung.
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Sabalenka hatte die Chance zum Re-Break. Sie glaubte offensichtlich schon, den Punkt gewonnen zu haben, als sie einen schrägen Vorhand-Stop mit viel Seitwärtsdrall in die Hälfe von Andreeva legte. Doch irgendwie erlief die Teenagerin noch den Ball und slicte ihn mit der Rückhand kurzcross an die Seitenausline – ein unerreichbarer, fantastischer Konter von Andreeva. Sabalenka konnte nur ungläubig zusehen, wie der Ball fast im Zeitlupentempo an ihr vorbeiflog – Wahnsinn.
Jetzt war der Knoten endgültig geplatzt. Andreeva wurde noch dominanter und noch variabler, traute sich nun alles zu. Ihre gefürchtete Rückhand-Longline war nun ultra-stabil, dazu setzte sie ein ums andere Mal geschickt-getimte Stoppbälle ein. Die Nummer eins der Welt wurde nach allen der Regeln der Kunst tatsächlich ausgespielt – von einer 17-Jährigen. Gut möglich, dass man sich an diese Match-Phase noch häufig erinnern wird, wenn man im Rückblick den Aufstieg von Mirra Andreeva zur absoluten Top-Spielerin erklärt.
Andreeva auch mit erstaunlichen Defensiv-Qualitäten
Und wenn Sabalenka doch noch mal am Drücker war, zeigte Andreeva erstaunliche Defensiv-Qualitäten. Zu ihnen zählt ein squashartiger Vorhand-Slice aus vollem Lauf, den sie mit wenig Tempo aber viel Länge zurück zur Gegnerin schickt, um Zeit zu gewinnen. Ihre Trainerin, die erfahrene Conchita Martinez, erzählte über Andreeva einmal, dass diese zu Beginn der Zusammenarbeit im Frühjahr 2024 keinen Slice beherrscht hätte. Das sagt auch viel darüber aus, mit welcher Bereitschaft und welcher Geschwindigkeit Andreeva gewillt ist, sich und ihr Spiel weiterzuentwickeln.
Mit dem Mindset und einem erstklassig abgestimmten Team im Rücken war dies sicherlich erst der Beginn einer großartigen Karriere von Mirra Andreeva. Es werden noch einige Rekorde fallen. Vielleicht schon beim nächsten großen WTA-1000er-Event in Miami. Andreeva hat nun die Chance, die jüngste Siegerin des sogenannten „Sunshine-Doubles“ zu werden. Bislang ist Iga Swiatek mit 20 Jahren und zehn Monaten die jüngste Spielerin, die erst in Indian Wells und danach auch in Miami gewann (2022).
Andreeva und Swiatek könnten in Miami frühestens im Halbfinale der unteren Hälfte aufeinandertreffen.