Thomas Hammerl

Zieht bei Tennis Europe die Fäden: CEO Thomas Hammerl @Lukas Maier

Tennis Europe-CEO Thomas Hammerl: „Plattform für die Stars von Morgen”

Junioren-Tennis ist stets in aller Munde. Wer kommt als Nächstes? Welche Hoffnungen folgen irgendwann auf Jannik Sinner, Carlos Alcaraz oder Holger Rune? Thomas Hammerl, CEO von Tennis Europe, gibt im Interview mit tennis MAGAZIN Einblicke in den Junioren-Kosmos.

Herr Hammerl, was genau versteckt sich hinter Tennis Europe? 

Es ist der regionale Dachverband für Tennis in Europa. Die ITF hat sechs Kontinentalverbände: Afrika, Asien, Südamerika, Lateinamerika, Australien und natürlich Europa. Von den 50 europäischen Ländern sind im Moment allerdings nur 48 aktiv, weil Russland und Belarus gesperrt sind. Wir administrieren alle sogenannten Future-Turniere in Europa für Damen und Herren, also 15.0000 bis 100.000 Dollar-Turniere. Aber unser Herzstück sind natürlich die Jugendturniere der Kategorien U12, U14 und U16. Wenn du also unter den Top fünf in deinem Land bist, dann gehst du auf Europaebene. Die besten europäischen Jugendlichen steigen alle 14 Tage in ein Flugzeug und reisen wie Profis von einem Turnier zum anderen.

Es wird immer wieder vom schweren Übergang zwischen Junioren- und Profitennis gesprochen. Welche Rolle spielt Tennis Europe dabei? 

Wir helfen. U14 und U16 sind ganz wichtig für die Förderung der Jugendlichen, gerade auch, wenn es dann Richtung ITF-Turniere geht. Wir haben eigene Verbindungsprogramme zwischen der U16 und der ITF U18 kreiert die den Spielern helfen sich zu etablieren. Für die Industrie ist das sehr wertvoll. Die Scouts von Agenturen wie IMG und Octagon schauen schon sehr früh zu. Wir veranstalten beispielsweise das Turnier der besten U12 in der Rafael Nadal Academy. Das ist eine Plattform für die Stars von morgen. 

Was bieten Sie den Jugendlichen?

Zum Beispiel Entwicklungshilfe in ärmeren Ländern wie Nordmazedonien, Lettland oder Litauen. Wir helfen finanziell, stellen Schläger und Bälle, bilden Coaches aus oder zahlen für Flüge zu Turnieren. Einzigartig ist auch unser Ausbildungsprogramm „Junior School“wo wir den besten Jugendlichen Themen wie Anti-Doping, Tennis Integrity, Match Fixing oder Verhalten auf Social Media näher bringen. Seit Jahrzehnten ist Tennis Europe bekannt für die Summer und Winter Cups – das ist die Qualifikation für den Junior-Davis Cup. Da tragen die Jugendlichen zum ersten Mal Kleidung mit dem Namen ihres Landes auf dem Rücken. Fragt man heute Novak, Rafa oder Iga, dann schwärmen sie immer noch von ihrem ersten Einsatz als jugendliche für ihr Land.

 Sie sollen sich früh wie Profis fühlen?

Genau. Wir gehen gerade neue Wege. Beim ATP 500er-Turnier in Hamburg haben wir ein Side Event veranstaltet: die besten U16-Jungen aus acht Nationen. Wir bringen sie in Kontakt mit den Profis. Das haben wir auch beim ATP 1000 in Rom gemacht. Die Jungen und Mädchen spielten auf den Originalplätzen, bekamen Akkreditierungen und durften in die Players Lounge und ins Gym. Wenn du neben einer Coco Gauff frühstückst oder mit einem Daniil Medvedev im Gym bist, ist das eine unglaubliche Motivation und genau der Weg, den wir gehen wollen.

Wir sind auch stolz darauf, dass wir in Roehampton das erste Rasenturnier durchgeführt haben. Es hat auf der Europatour noch nie ein echtes Junior-Turnier auf Rasen gegeben. Der Sieger bekam eine Einladung für das U14-Turnier in Wimbledon bekommen. Das Format gibt es seit 2022 und findet zusätzlich zum normalen Jugendturnier statt. Es ist kein offizielles Turnier und die Spieler werden von Wimbledon persönlich eingeladen. Insgesamt sind es 16 Jungen und 16 Mädchen. Und es gibt noch ein Pfund, was wir bieten.

U16 Deutsche Tennis-Junioren

Die deutschen U16-Junioren siegten beim Turnier in Hamburg. (Rechts Niels McDonald, Mitte Diego Dedura Palomero, Mitte Teamchef Philipp Petzschner, Links Oliver Majdandzic).

Erzählen Sie bitte.

Unser absolutes Flagship-Event ist das U14 und U16 Junior-Masters in Monte Carlo. Das hat richtig Glamour und internationale Relevanz. Ich bekam einen Anruf aus Kalifornien vom Tennis Channel. Sie haben in den USA übertragen, obwohl kein Amerikaner dabei war. 

Führt Tennis Europe für den Nachwuchs auch ein Medientraining durch?

Ja. Wir suchen uns die zehn bis zwölf besten Turniere im Jahr aus, reisen mit unserem eigenen Team dorthin und geben den Spielern eine oder zwei Stunden Unterricht. Es ist ein höchst erfolgreiches Konzept, wofür uns Verbände, Eltern und Coaches dankbar sind. Es ist sehr viel, was schon auf die Jugendlichen einprasselt. Die Eltern sind teilweise völlig überfordert. Sie haben ein super talentiertes Kind, das überallhin eingeladen wird, aber sie wissen nicht, wie sie sich in diesem Umfeld bewegen müssen. Es kommen Agenturen auf sie zu, manche seriös, manche weniger. Wir müssen einen Leitfaden geben und sagen, worauf sie achten müssen.

Gibt es eine Erklärung, warum so viele Talente derzeit aus Italien kommen?

Die Italiener machen einen fantastischen Job. Ein strategischer Meisterakt war, als der derzeitige Verbandspräsidenten Angelo Binaghi, beim Antritt seiner Präsidentschaft gesagt hat, dass er einen Fernsehsender kaufen möchte. Da war das Gremium des italienischen Verbandes zunächst sehr skeptisch und hat sinngemäß gesagt: „Moment, du bist ein Präsident unseres Tennisverbandes. Zu welchem Zweck willst du einen Fernsehsender kaufen?“ Binaghi hatte aber schon immer diese Vision, einen 24 Stunden-TV-Sender für das italienische Tennis und für internationale Übertragungen zu kreieren. Dann wurde ihm das Anliegen tatsächlich genehmigt und mittlerweile ist der Sender höchst erfolgreich. Der Pay TV-Sender heißt „Super Tennis“ und gehört dem italienischen Tennisverband.

Was auf der Welt einmalig sein dürfte.

Ja, der Verband verdient damit viel Geld – das er dann unter anderem in die Jugendarbeit stecken kann. Auch mit dem ATP 1000 in Rom und den ATP-Finals in Turin. Es gibt ferner eine gute Kooperation mit dem Nationalen Olympischen Komitee. Der italienische Verband ist aus meiner Sicht ein Vorzeigeverband in Europa. In ihren Zentren bietet er eine individuelle Förderung an. Wenn ein Spieler irgendwo in einer privaten Akademie trainieren möchte, fördert der Verband das Talent trotzdem finanziell. Die Italiener machen wirklich einen super Job.

Thomas Hammerl

Tut viel für Europas Jugend: Der Österreicher Thomas Hammerl ist seit 2018 Geschäftsführer von Tennis Europe.

Sie waren früher Geschäftsführer beim österreichischen Tennisverband und sind jetzt seit knapp sieben Jahren federführend bei Tennis Europe. Gibt es für Sie ein besonderes Junioren-Erlebnis?

2018 wurde ich zur EM der U16 nach Moskau eingeladen. Der Turnierdirektor empfing mich, zeigte mir alles. Ich spazierte dann alleine über die Anlage. Hinten auf Platz elf oder zwölf sah ich einen Spieler und dachte: „Dieser Junge ist was Besonderes, wie der sich bewegt.“ Später erfuhr ich: Es war Carlos Alcaraz, damals 15 Jahre alt. Als ich wieder zu Hause war, hatte er das Finale gewonnen. Begegnungen wie diese sind für mich enorm wichtig. Inzwischen kenne ich seinen Vater gut.  Mit der Mutter von Holger Rune bin ich immer noch in Kontakt. Sie war sehr aktiv, auch weil Holger bei Tennis Europe alle Turniere gespielt hat. Eltern kommen auf mich zu und fragen mich um Rat. Sie vergessen nicht, wenn man geholfen hat. Ich sehe uns als Tennis Europe als die „Guten”. Wir wollen kein Geld mit den Kindern verdienen, aber sie auf ihrem Weg ins Profitennis unterstüzten.

 

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Infos über Tennis Europe

Neuer Präsident ist der Däne Henrik Pedersen, der vormalige Präsident des dänischen Verbandes. Er und acht weitere Vorstandsmitglieder bilden das oberste Gremium von Tennis Europe. Es ist ein ehrenamtliches Gremium. Der geschäftliche Bereich sitzt in Basel in der Schweiz. Thomas Hammerl, 51, ist der CEO. Er leitet seit 2018 ein Team von 15 Mitarbeitern und führt den operativen Bereich. Tennis Europe veranstaltet mehr als 500 Jugendturniere und administriert alle Herren und Damen Future-Turniere in Europa. Dazu kommen die Senioren Europameisterschaften in den Altersklassen der 30- bis zu den 85-Jährigen.