Tomas Berdych: Warten auf den ganz großen Treffer
Den Traum vom Grand Slam-Sieg gibt Tomas Berdych nicht auf. Sein Pech: Djokovic und Co. sind noch zu gut. Aber er hat eine kleine Nische für sich gefunden: den Davis Cup.
Juan Martin del Potro hat einmal gesagt: „Ich bin nur der Beste vom Rest der Spieler.“ Was der Argentinier vor seinen vielen Verletzungen damals meinte: Es gibt Federer, Nadal, Djokovic und Murray. Und dann gibt es einen, der die anderen Profis anführt. Unterschwellig hieß das: Zwischen den „Fab Four“ und dem Heer an übrigen Profis liegen Welten.
Nun ist der Kuchen inzwischen anders aufgeteilt. Rafael Nadal steht in der Rangliste nicht mehr ganz oben und Stan Wawrinka, mittlerweile zweifacher Grand Slam-Champion, ist in die Phalanx der Giganten vorgestoßen. Aber im Grunde gilt der Spruch noch immer. Nur, dass der Beste vom Rest nicht mehr del Potro heißt, sondern Tomas Berdych. 2015 spielte der Tscheche eine solide Saison. Mitte Mai stand er mit Platz vier so hoch wie nie zuvor im Ranking. Mit dem Abschneiden in Wimbledon konnte er allerdings nicht zufrieden sein. Das 3:6, 3:6, 2:6 gegen Gilles Simon im Achtelfinale war eine Pleite, wie er sie selten erlebt hatte. Zumal er als klarer Favorit in die Partie ging.
Zwei Wochen früher: Berdych sitzt auf einem bequemen Stoffsessel im Gerry Weber Sportparkhotel im ostwestfälischen Halle. Trägt Jeans und Trainingsjacke. Bodenständig wirkt der 1,96-Meter-Mann. Ein ganz normaler Typ, den keine Aura umweht, wie man sie bei Federer oder Djokovic spürt. Es ist ein nettes Gespräch: über die Tour, Erfolge im Davis Cup, sein neues Team und die Ansichten seiner Freundin und heutigen Ehefrau, dem tschechischen Model Ester Satorova. Aber dazu später mehr.
50 Grand Slam-Events in Folge
Vor allem geht es um die Frage, die sich Fans, Experten und auch er selbst seit Jahren stellen: Wann gewinnt Tomas Berdych, 30 Jahre alt, seinen ersten Grand Slam-Titel? Seit 2010 steht er konstant in den Top Ten. Im gleichen Jahr war der Tscheche so dicht dran wie nie zuvor und wie danach nie wieder – Finale in Wimbledon. Allerdings: Die Niederlage gegen Rafael Nadal war ernüchternd, 3:6, 5:7, 4:6.
Wann also klappt es mit seinem ersten großen Titel? Berdych lehnt sich zurück, überlegt kurz. Sagt dann mit sanfter Stimme: „Wir reden über die vielleicht beste Ära im Tennis überhaupt. Sich gegen Djokovic, Federer, Nadal und Murray durchzusetzen, ist die große Herausforderung. Ich versuche weiter, meine Chance zu bekommen.“ Er sieht das ganz realistisch. Sollte sich Berdych ärgern, dass es noch nicht mit dem großen Titel, der ihm schon in der Jugend prognostiziert wurde, geklappt hat, dann merkt man es ihm nicht an. An 50 Grand Slam-Turnieren in Folge hat der 29-Jährige teilgenommen. Es gibt in der Geschichte der Open Ära nur sechs Spieler, die konstanter waren. An der Spitze thront Federer mit 63 Teilnahmen nonstop.