US Open Stories: Auftritt der Könige
Das Hotel W an der Lexington Avenue mitten in Manhattan ist so stylish, dass man kurz vor der wuchtigen Drehtür stoppt und überlegt: Geht das? So mit zerknittertem Hemd, ausgebeulter Jeans und Flip-Flops? Ja, es muss gehen. Denn heute haben Björn Borg und John McEnroe im aufgemotzten W zur Pressekonferenz eingeladen.
Gut, nicht sie persönlich. Aber sie sollen erscheinen, hieß es. Zunächst bleiben im abgedämmten Saal aber zwei Stühle auf dem Podium leer. Stattdessen erzählt Lasse Olsson, ein schwedischer Musikproduzent, seit 25 Jahren im Geschäft, wie sehr er Tennis doch lieben würde. Und dass er diese Leidenschaft gerne mit seinem Beruf verbinden möchte. Borg und McEnroe sollen jetzt singen? Falsch. Es geht um eine Art Ryders Cup im Tennis. Zwei Kontinente (Europa und Amerika) spielen um diese altehrwürdige Trophäe im Golf schon seit Ewigkeiten. So etwas Ähnliches soll es jetzt im Tennis geben.
„Echte Unterhaltung zurück ins Tennis“
Olssens Idee klingt zunächst verlockend: Alle Spieler, die jemals seit Einführung der Computer-Weltrangliste (1973) dort den obersten Platz einnahmen, gehören in den erlauchten Club der Kings Of Tennis. Insgesamt sind das genau 24 Spieler von Ilie Nastase bis Rafael Nadal. Aus diesem Kreis werden zwei Teams aufgestellt (eins für Europa, das andere für Amerika), die sich vom 14. bis 16. November 2008 im malaysischen Penang gegenüber stehen werden. An den drei Tagen soll es insgesamt acht Einzel und zwei Doppel zwischen Europa und Amerika geben. Nach einem bestimmten Punktschlüssel (jeder Sieg zählt 10 Punkte, jedes gewonnene Spiel im Match einen Punkt) wird das Siegerteam ermittelt. Big Bang Penang nennt sich das Spektakel schnittig.
Braucht Tennis beim eh schon dichten Turnierkalender so einen Wettbewerb? Olssen glaubt, dass genau so ein Event fehlt. Wir müssen echte Unterhaltung zurück ins Tennis bringen, sagt er. Im kommenden November sollen dafür Björn Borg, Mats Wilander, Stefan Edberg (Europa) sowie Pete Sampras, John McEnroe und Marcelo Rios (Amerika) sorgen. Aktuelle Spieler, die schon einmal die Nummer eins waren oder sind (Moya, Safin, Hewitt, Ferrero, Roddick, Federer und Nadal), fehlen also. Allerdings: In jedem Team ist noch ein Platz frei, der erst kurzfristig besetzt wird.
Blöd nur, dass parallel zum Treffen der Tenniskönige auch der Masters-Cup in Shanghai laufen wird, wo die besten acht aktuellen Spieler antreten werden. In diesem Jahr werden wir keine Stars der aktuellen Generation im Feld haben, räumt Olssen ein. Aber er sei sich sicher, dass es spätestens ab 2009 soweit sein wird. Denn: Dieses Turnier ist kein Show-Event. Da geht es um die Ehre, für seinen Kontinent anzutreten, versichert er.
Ob das den Profis und Oldies wirklich so wichtig ist? Kaum vorstellbar. In erster Linie geht es ihnen um die Antrittsgelder, die recht üppig ausfallen sollen. In Penang wurde eigens für das Turnier eine neue Tennislage für 8000 Fans direkt an den Strand gebaut, finanziell unterstützt von der Regierung. Touristen sollen so angelockt werden.
Mit Hilfe der Regierung geht alles
Auf der Leinwand im Konferenzsaal wird jetzt eine Luftaufnahme von Penang gezeigt. Mittendrin steht das Tennisstadion. Es sieht von oben wie ein aus fremden Galaxien gelandetes Ufo aus. Eine PR-Dame aus Malaysia erklärt: Das Stadion ist umgeben von Örtlichkeiten, die zum Weltkulturerbe gehören. Das ist alles Naturschutzgebiet. Aber wie konnte dort einfach so ein Tennisstadion hingebaut werden? Die Dame stockt kurz, setzt dann ihr PR-Lächeln auf und tut geheimnisvoll: Wissen Sie, mit Hilfe unserer Regierung geht das schon.
Dann endlich der Auftritt von Borg und McEnroe. Einige Journalisten stehen auf, klatschen. Immer die gleichen Fressen bei solchen Terminen, witzelt McEnroe, als er sich hinsetzt. Aber dann ist er aalglatt und galant. Kings Of Tennis sei ein tolles Konzept, alle Tennis-Journalisten müssten nach Malaysia kommen, der Masters-Cup interessiert doch eh nicht mehr. Und Borg ergänzt artig: Das könnte ein richtig großes Ding für die Zukunft werden. Viel Zeit haben sie nicht mitgebracht. Maximal 15 Minuten für Fragen sind möglich. Beide bekräftigen noch einmal, wie klasse solche Team-Wettbewerbe im Tennis seien (McEnroe: Warum gibt es das eigentlich nicht bei Olympia?), bestätigen erneut, dass das Wimbledon-Finale von 2008 zwischen Federer und Nadal das beste Match aller Zeiten gewesen sei und verschwinden dann wieder kleine Könige eben.
Tim Böseler, Redakteur, berichtet täglich in seinem Blog „US Open Stories“ aus New York City
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