US Open-Tagebuch: Djokovic, Lisicki & Phil Collins!
In seinem US Open-Tagebuch berichtet unser Reporter Felix Grewe vom letzten Grand Slam-Turnier des Jahres aus New York. Am Montag standen acht deutsche Profis im Fokus – darunter ein desolater Auftritt von Sabine Lisicki. Dafür überzeugte Phil Collins.
Guten Morgen, Deutschland!
Die Fahrt mit dem Shuttlebus von Manhattan zum Flushing Meadows Corona Park dauert an diesem Montagmorgen 40 Minuten – eine ordentliche Zeit, zuweilen lässt man sich gut und gern eine Stunde und länger nach Queens kutschieren. Um kurz nach neun Uhr baumelt die Akkreditierung an meinem Hals, es ist zu dieser Zeit noch herrlich leer auf der Anlage. Eineinhalb Stunden später – Spielbeginn bei den US Open 2016! Und direkt ein deutscher Großkampftag. Von Anna-Lena Friedsams Auftritt im Arthur Ashe-Stadium bekomme ich noch weniger mit als von Angelique Kerbers Kurzeinsatz danach, die 6:0, 1:0 gegen Polona Hercog führt, als ihre Gegnerin aufgibt. In der Riesenschüssel sitzen am frühen Mittag gefühlt 200 Zuschauer, eine bessere Punktspielatmosphäre also vor gewaltigen, aber leeren Rängen.
Treffen mit Kohlmann & Lottner
Man hetzt am Anfang eines Grand Slam-Turniers wie ein HB-Männchen von Platz zu Platz und Termin zu Termin – möchte nichts verpassen, kann aber auch unmöglich alles mitbekommen. Carina Witthöft besiegt Misaki Doi in zwei Sätzen, Mona Barthel scheidet sang- und klanglos gegen Christina McHale aus. Zwischendurch ein kurzer Plausch mit Davis Cup-Teamchef Michael Kohlmann, der zusammen mit Rudi Molleker und dessen Vater an Court 6 steht und zuschaut, wie sich Andrea Petkovic gegen Kristina Kucova vor allem im ersten Durchgang verdammt schwer tut. Interessante Erkenntnis des Kurz-Talks mit dem Davis Cup-Teamchef: Eine Zusage von Alexander Zverev für das Relegationsduell im Davis Cup Mitte September in Berlin gibt es – man wundert sich kaum – noch nicht.
Das Ende des Petkovic-Sieges kann ich nicht verfolgen – ich bin im Players Garden, übrigens ein wunderbarer Ort, weil man dort sämtliche Spieler und Betreuer trifft, mit Antonia Lottner verabredet. Ja, genau, die gibt’s auch noch! Am Dienstag spielt die 20-Jährige zum ersten Mal in einem Hauptfeld bei einem Grand Slam-Turnier. Wir quatschen 20 Minuten über harte, vergangene Jahre und ihre neu gewonnene Stärke.
Lisicki raus aus den Top 100
Am Nachmittag folgt ein völlig glanzloser und uninspirierter Auftritt von Sabine Lisicki. 1:6, 2:6 gegen Yulia Putintseva. Gut, die stand in Paris im Viertelfinale, gehört aber sonst nicht unbedingt zu jenen Damen auf der Tour, die Furcht und Schrecken verbreiten. Lisicki, die nun aus den Top 100 purzeln wird, lächelt trotz desolater Vorstellung und achter Auftaktpleite 2016 zwischendurch immer mal wieder, vor allem, als sie im zweiten Durchgang mit 2:1 führt. Bei der Pressekonferenz wirkt sie dann allerdings ziemlich frustriert. Neuerdings, so erzählt sie, trainiere sie wieder in der IMG-Academy von Nick Bollettieri in Florida, gemeinsam mit ihrem Vater. Das habe schließlich früher hervorragend funktioniert. Man wünscht ihr nur das Beste, auch wenn ihre Performance heute vor allem einen Mix aus Erschrecken und Mitleid auslöste.
Mischa Zverev träumt von Olympia
Um 19:45 sitzt Mischa Zverev – nein, nicht Alexander, der ist erst am Dienstag dran – im Interviewraum Nummer zwei. Er hatte zuvor sein Match gegen Pierre-Hugues Herbert gewonnen, sein erster Sieg im Hauptfeld eines Grand Slam-Turniers seit Wimbledon 2009! Zverev senior erzählt, er träume davon, in vier Jahren mit seinem Bruder bei Olympia im Doppel anzutreten. Man soll ja Träume haben…
Zugegeben: Das Gespräch mit Zverev geht mir durch die Lappen, weil ich inzwischen im geschlossenem Arthur Ashe Stadium hocke und auf Phil Collins warte. Der Popstar tritt bei der offiziellen „Opening Ceremony“ auf, ein ziemliches Spektakel mit Nebelmaschinen, Lasershow, aber diesmal ohne Feuerwerk. Dafür halt mit Collins, der während sein 15-jähriger Sohn Nic am Schlagzeug sitzt, den Klassiker „In the air tonight“ schmettert. Unterdessen öffnet sich feierlich das neue Dach und die Fans johlen – was für eine großartige Inszenierung!