US Open-Tagebuch: Nadal, Kerber & der Davis Cup-Stress
In seinem US Open-Tagebuch berichtet unser Reporter Felix Grewe vom letzten Grand Slam-Turnier des Jahres aus New York.
Morgens um neun Uhr ist die Welt noch in Ordnung. Auf der Terrasse vor dem Media Center spürt man eine herrlich entspannte Ruhe vor dem Sturm. Apropos: Eigentlich war schon heute für New York ein Hurrikane angekündigt. Bis jetzt ist es kaum ein laues Lüftchen, das hier in Flushing Meadows weht. Nun soll es am Montag angeblich stürmen – man kann es sich kaum vorstellen.
Heute schlendern viele Junioren über die Anlage – das Turnier für den Nachwuchs beginnt. Man sieht aber auch viele bekannte Gesichter am frühen Morgen. Rafael Nadal huscht auf einen Trainingsplatz, hinter ihm läuft sein Onkel, Coach und Schatten Toni. Nicolas Almagro kommt vorbei, auch Jeff Tarango, den ich erst in letzter Sekunde identifiziere. Marion Bartoli hingegen fällt mir sofort auf. Auf zehn Zentimeter hohen Absätzen stöckelt sie durch die Gegend.
Der DTB schießt gegen Zverev
Ich klicke mich auf meinem Handy durch Social Media-Kanäle und die Tagespresse. Hans-Jürgen Pohmann, Pressesprecher des Deutschen Tennis Bundes, schießt in einem Interview mit dem Tagesspiegel ziemlich scharf gegen Alexander Zverev, spricht ihm den Respekt vor seinem Sport ab. Sie wissen schon, das leidige Thema Davis Cup-Absage. Auf Twitter empört sich Dustin Brown ebenfalls mit einer gewissen Schärfe darüber, dass die Gründe für seinen Verzicht auf die Partie in Berlin sowohl von Kapitän Michael Kohlmann als auch von einigen deutschen Journalisten falsch – oder nicht ausreichend detailliert – wiedergegeben wurden.
Die Bedeutung des Davis Cups
Es ist das Thema in diesen Tagen in New York, zumindest in der deutschen Presse. Und unabhängig davon, ob man nun Verständnis aufbringt für die unterschiedlichen Begründungen, stellt sich fast jeder, mit dem man hier spricht, die gleichen Fragen: Warum brennen viele DTB-Profis nicht mehr für den Davis Cup? Früher waren es Ausnahmen, wenn Topstars nicht für ihr Land antraten, ganz zu schweigen von denen aus den hinteren Reihen. Was kann es für Spieler jenseits der Top 30 Größeres geben, als ein Heimspiel im Davis Cup zu bestreiten? Gerade dann, wenn man nicht Woche für Woche von tausenden Fans umjubelt in den großen Arenen aufschlägt? Im Davis Cup betritt plötzlich auch die Nummer 100 der Welt eine große Bühne – egal, ob diese in Berlin, Bamberg oder Neu-Ulm steht. Die Atmosphäre ist eine andere, die öffentliche Wahrnehmung sowieso. Zeitungen, in denen Tennis sonst in den Randspalten stattfindet, bringen lange Geschichten. Welch’ eine großartige Chance aufs Rampenlicht für jene Akteure, die sich sonst gern mal über mangelnde Aufmerksamkeit beklagen. Wo bieten sich bessere Chancen als bei einem Davis Cup-Einsatz, um sich Fans und Sponsoren im besten Licht zu präsentieren? Wäre der Profi nicht schlau beraten, dafür auf schnelles Geld und ein paar Ranglistenpunkte zu verzichten, die sich natürlich besser auf ATP- oder Challenger-Turnieren verdienen lassen? Müsste er sich nicht – unabhängig von persönlichen Animositäten – geehrt fühlen, wenn das Telefon klingelt und der Teamchef dran ist?