US Open-Tagebuch: Kerber, Petko & ein Crash mit Stan!
In seinem US Open-Tagebuch berichtet unser Reporter Felix Grewe vom letzten Grand Slam-Turnier des Jahres aus New York.
Ein Besuch der Players Lounge kann zwar durchaus unterhaltsam, aber auch mal etwas schmerzhaft sein. Am Vormittag schlendere ich die Treppen nach unten und kollidiere plötzlich mit dem doch recht massigen Körper von Stan Wawrinka. Seinem Tempo nach zu urteilen, muss es der Schweizer wahnsinnig eilig haben. Zugegeben, ich bin noch im Hans-guck-in-die-Luft-Modus, also auch nicht ganz unschuldig an unserem Crash. Trotzdem lobe ich mir Herrn del Potro, der unten zwei Minuten am Aufzug wartet, um ein Stockwerk nach oben zu fahren. Klar, der Mann muss Kräfte sparen! Olympia steckt ihm noch immer in den Knochen. Draußen im Garten sitzt Boris Becker entspannt auf einer Bank. Angelique Kerber gibt dem Besaitungsdienst Instruktionen für ihre Rackets – 17 „Stringer“ aus zehn verschiedenen Nationen arbeiten hier fast rund um die Uhr im Akkord.
Dominic Thiem plaudert derweil ein wenig mit Oliver Pocher, der ein Überraschungsgast hier in Flushing Meadows ist und zum Team von Mona Barthel und ihrem neuen Coach Christopher Kas gehört. Alte Kontakte halt. Man könnte Pochers Anwesenheit als einen Affront gegenüber seiner Ex-Lebensabschnittsgefährtin Sabine Lisicki bezeichnen. Sich aus dem Weg zu gehen, funktioniert anders. Auf der anderen Seite: Pocher scheint sich während seiner Liaison mit der Deutschen in der Szene einige Freunde gemacht zu haben. Und er ist inzwischen großer Tennisfan. Als wir gestern zufällig kurz das Vergnügen miteinander hatten, bewies er echtes Fachwissen: „Ach, das tennis MAGAZIN – seit 40 Jahren die Nummer eins!“ So ist es, der Mann kennt sich aus!
Bencic wie eine Schlange
Sportlich beginnt der Tag auf Court 17. Andrea Petkovic gegen Belinda Bencic. Am Ende ist es wenig überraschend, dass die Deutsche in zwei glatten Sätzen verliert. Zu wenig Variationen im Spiel, zudem wirkte sie schon die letzten Wochen und Monate ziemlich verkrampft auf dem Court. Fortschritte? Seit ihrem Halbfinale bei den French Open 2014 – wie ich finde, ihre beste Phase überhaupt – nicht mehr erkennbar. Bei Bencic hingegen gewinnt man immer wieder den Eindruck, eine Kopie von Martina Hingis – nur mit deutlich mehr Power – zu beobachten. Sie agiert ein wenig wie eine Würgeschlange, die sich ihr Opfer erst zurechtlegt und dann langsam die Schlinge zuzieht. Kein kopfloses Gebolze, wie es einige andere Damen beherzigen, stattdessen geduldig und taktisch ziemlich ausgereift für eine 19-Jährige.