Wimbledon – das Turnier der Deutschen
70er Jahre in Wimbledon: Masthoffs Aufregung, Faßbenders Glück
Helga Masthoff
(Einzelviertelfinale 1970, 1974)
Die langbeinige Blondine aus dem Ruhrpott – 1,83 Meter groß, geboren in Essen – war lange Jahre Deutschlands Nummer 1. Der bekannte Tennisjournalist Dieter Koditek, der für die Rheinische Post in Düsseldorf schrieb, nannte sie die „First Lady des weißen Sports“, die sich stets „voll Anmut und Eleganz“ über den Tennisplatz bewegte. Ihr größter Erfolg war ihre Endspielteilnahme bei den French Open 1970. Im gleichen Jahr erreichte sie in Wimbledon das Viertelfinale, vier Jahre später wiederholte sie diese Leistung. All diese großen Matches verlor Masthoff gegen dieselbe Gegnerin: Margaret Court aus Australien, die Herrscherin der Szene damals.
An das Match in Wimbledon 1970 kann sich Masthoff noch gut erinnern. „Ich durfte das erste Mal auf dem Centre Court spielen und war extrem aufgeregt. Eine Viertelstunde bevor es losging, wurden meine Gegnerin und ich in einen Raum geführt, wo wir zu zweit saßen und ich fast verrückt geworden bin, weil die Anspannung so groß war. Aber als das Match dann endlich begann, war es wunderbar“, erzählte sie 2012 tennis MAGAZIN in einem Interview. Masthoff konnte damals sogar den ersten Satz gewinnen, mit 8:6, eine Sensation lag in der Luft. Aber danach holte sie kein Spiel mehr, Court machte ernst. Nach der Karriere baute Masthoff ein wunderschönes Tennishotel auf Gran Canaria auf, dessen Restaurant bei einem Brand 2007 jedoch zerstört wurde.
Jürgen Fassbender
(Einzelviertelfinale 1973; Doppelhalbfinale 1973, 1975)
Das Jahr 1973 ging in die Sportgeschichte ein, weil es erstmals einen Boykott der Profispieler in Wimbledon gab. Aus Solidarität zu Niki Pilic, der vom jugoslawischen Verband suspendiert wurde, weil er zu einer Davis Cup-Begegnung nicht antrat, gingen 81 Spieler in den Streik. 13 der insgesamt 16 gesetzten Starter kamen nicht nach Wimbledon. So rutschte plötzlich der Deutsche Jürgen Fassbender auf den achten Platz der Setzliste.
Er nutzte sein Glück, schlug im Achtelfinale Landsmann und seinen langjährigen Doppelpartner Hans-Jürgen Pohmann und rückte bis ins Viertelfinale vor – ein besseres Einzelergebnis auf Majorebene sollte ihm danach nicht wieder gelingen. Im Doppel, dieses Mal zusammen mit Karl Meiler, schaffte Fassbender den Sprung ins Halbfinale. 1975 bestätigte er mit Hans-Jürgen Pohmann das Resultat – und dieses Mal gab es keinen Streik der Topleute. Fassbender kommentierte als Experte nach seiner Laufbahn beim Deutschen Sportfernsehen Tennis-Liveübertragungen. Heute betreibt er ein Sportzentrum mit zwölf Tennisplätzen und Tennisschule in der Nähe von Karlsruhe.