Wimbledon: Einweihung der Center Court Überdachung
Wenn sich Steffi Graf und ihr nicht minder prominenter Ehemann Andre Agassi als Versuchskaninchen für etwas zur Verfügung stellen, muss es sich schon um ein außergewöhnliches Ereignis handeln. Wie am Sonntag. Dann wagt der altehrwürdige All England Club in Wimbledon den Sprung in die Moderne, den Bruch mit Traditionen unter Beibehaltung seiner ganz besonderen Atmosphäre. Der legendäre Centre Court wird nach seinem Umbau mit neuer Überdachung eingeweiht und die beiden ehemaligen Champions dürfen das erste Match auf heiligem Rasen in der „Halle“ bestreiten.
„Der Centre Court von Wimbledon ist ein einzigartiges Tennisstadion, ich fühle mich unglaublich geehrt, dass ich dort noch einmal mit Andre spielen kann“, sagte die siebenmalige Turniersiegerin Steffi Graf, „es bedeutet mir ungewöhnlich viel, dass ich noch einmal hierher zurückkehren darf.“
Graf wird am Sonntag ab 16.20 Uhr MESZ an der Seite von Agassi zunächst ein Mixed gegen Kim Clijsters und Tim Henman bestreiten, anschließend folgen ein Damen- und ein Herren-Einzel, das Ganze unterbrochen von Live-Musikdarbietungen. Auch Agassi bedeutet die Einladung sehr viel: „Es ist natürlich sehr aufregend, zu den ersten zu gehören, die auf dem neuen Platz spielen dürfen.“ Allerdings bangt der Turniersieger von 1992 noch um seine Teilnahme an dem Event, er leidet unter Problemen am Handgelenk. Als Ersatz stünde Australiens ehemaliger Champion Pat Cash bereit.
„Centre Court Celebration“ auch als Testlauf
Im Februar waren sämtliche 15.000 Tickets für die „Centre Court Celebration“ innerhalb von fünf Minuten ausverkauft. Fünf Wochen vor Beginn des bedeutendsten Tennisturniers der Welt geht es nicht allein um eine festliche Einweihung des Umbaus, sondern auch darum, herauszufinden, wie die Klimaanlage bei geschlossenem Dach die Ausdünstungen von 15.000 Menschen absorbiert und wie der Rasen auf die veränderten Verhältnisse reagiert. Wie rutschig ist er, wie springen die Bälle?
Die Anwohner des Bezirks Merton, in dem Wimbledon liegt, waren frühzeitig in die Pläne eingeweiht, die auch eine Kapazitätserhöhung um 1200 Plätze sowie deutlich verbesserten Komfort in den Logen- und Gastrobereichen sowie den Treppenhäusern vorsahen. Lokalpolitiker erlaubten außerdem, die Spiele bis spät in den Abend hinein unter Flutlicht auszutragen. Regenunterbrechungen und Abbruch wegen Dunkelheit wird es auf dem Centre Court künftig also nicht mehr geben. Aber auch keine Spontankonzerte von Sir Cliff Richard oder Militärkapellen.
Das ist zwar ein Bruch mit einer Tradition, aber Wimbledon hat es im Laufe der Zeit immer geschafft, Neuerungen behutsam einzuführen. Der 1922 eingeweihte Centre Court wurde mehrmals umgebaut, die Anlage an der Church Road veränderte ihr Aussehen über die Jahrzehnte grundlegend. „Wir wollten die Geschichte und Tradition bewahren, aber gleichzeitig außergewöhnliche Verbesserungen für Spieler, Fans und Fernsehzuschauer des 21. Jahrhunderts einführen“, erklärte Klubchef Tim Phillips die aktuellen Maßnahmen.
Das faltbare Dach aus einer lichtdurchlässigen Spezialfolie hat eine Fläche von 5200 Quadratmetern und befindet sich etwa 16 Meter über der Rasenoberfläche. Es ist innerhalb von zehn Minuten zu schließen, ein Match kann nach 30 Minuten fortgesetzt werden, wenn die Raumtemperatur auf 22 bis 26 Grad und die Luftfeuchtigkeit auf 45 bis 55 Prozent eingestellt ist. Über 110 Millionen Euro betrugen die Baukosten, eine Summe, die der All England Club natürlich offiziell nie bestätigen würde.
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