Neale Fraser 1945700 Neale Fraser by Unknown photographer, (20th century); (add.info.: Neg: 62217PL Tennisman Neale Fras

Neale Fraser ist tot. Der Australier gewann unter anderem 1960 in Wimbledon. Bild: IMAGO / Bridgeman Images

Zum Tod der australischen Legende Neale Fraser: „Ein wahres Juwel“

Neale Fraser gehörte zur goldenen Generation des australischen Tennis und machte sich vor allem als Davis Cup-Teamchef einen Namen. Nun ist er im Alter von 91 Jahren gestorben.

Wer sich in den 80er- oder 90er-Jahren einen Tennis-Urlaub in einem Aldiana-Club gönnen konnte, wird mit etwas Glück auf ihn gestoßen sein: Neale Fraser – Rekord-Davis-Cup-Kapitän, 19-facher Grand Slam-Titelträger, ehemalige Nummer eins. Ein Tennisgigant aus Australien.

Die deutsche Tennisschule „Ever Court“ war damals zuständig für das Tennis-Programm in den Aldiana-Ferienclubs und einer ihrer Star-Coaches war: Neale Fraser. Von ihm stammt der Ausdruck „Happy Feet“ für viel Beinarbeit auf dem Platz. Jeder „Ever Court“-Trainer benutzte seine Wörter, um Kunden auf freundlich-verbindliche Art daran zu erinnern, dass Tennis ohne flotte Füße nicht funktioniert.

Neale Fraser starb mit 91 Jahren

Am 2. Dezember ist Neale Fraser im Alter von 91 Jahren gestorben. Der australische Tennisverband untertreibt kein bisschen mit seiner Aussage, dass mit Fraser eine „wahre Legende des australischen Tennissports“ gegangen ist, „die von so vielen Menschen auf der ganzen Welt vermisst werden wird“.

Als einer der Ersten meldete sich sein Wegbegleiter Rod Laver auf der Plattform X zu Wort: „Er war ein wahres Juwel in einer goldenen Ära australischer Tennislegenden – eine unglaubliche Nummer 1 der Welt, ein Grand-Slam-Sieger und eine Davis-Cup-Ikone. Neale hat mich in zwei großen Endspielen besiegt und mich dazu gebracht, ein besserer Spieler zu werden. Mein tiefempfundenes Beileid gilt Thea und Neales Großfamilie. Ich werde dich sehr vermissen, Kumpel. Ruhe in Frieden.

Fraser schlug Laver in den Endspielen von Wimbledon und Flushing Meadows 1960. In dieser Phase seiner Karriere hatte er sein stärkstes Level erreicht. Er wurde die Nummer 1 der Welt in der Amateur-Rangliste des Journalisten Lance Tingay 1959 und 1960. Die computerbasierte, offizielle Weltrangliste kam erst in den 70er-Jahren.

Neale Fraser und die doppelte „triple crown“

1959 und 1960 gewann er jeweils bei den US Open die sogenannte „triple crown“ – er holte sich  die Titel in allen drei Wettbewerben: Einzel, Doppel und Mixed. Aus heutiger Sicht eine unvorstellbare Leistung. Nach Fraser schaffte es kein Spieler mehr, eine „triple crown“ zu gewinnen. Insgesamt sammelte Fraser 19 Grand Slam-Trophäen ein: 3 im Einzel, 11 im Doppel, 5 im Mixed. Zudem erreichte er noch 13 Grand Slam-Endspiele (4 im Einzel, 7 im Doppel, 2 im Mixed).

Im Doppel an der Seite von Roy Emerson gewann Fraser acht Grand Slam-Titel. Die Tageszeitung „The Age“ aus Melbourne erklärte in seinem Nachruf das Duo Fraser/Emerson zum stärksten Doppel der australischen Tennisgeschichte – „sorry an die Woodies“, heißt es in dem Text. Todd Woodbridge und Marc Woodforde (Spitzname: „The Woodies“) holten elf Grand Slam-Titel gemeinsam.


Sein Lieblings-Wettbewerb aber war immer der Davis Cup. Trotz großer teaminterner Konkurrenz gehörte Fraser von 1958 bis 1963 zur Stammbesetzung. Er wurde zum australischen Volkshelden, als er im Finale von 1959 drei Punkte gegen die USA gewann und die „hässlichste Salatschüssel“ der Welt zurück nach Australien holte. Damals war der Titelverteidiger automatisch für das Finale („Challenge Round“) im nächsten Jahr gesetzt. Während 1959 die USA also nur eine Partie zu bestreiten hatten, musste die „Aussies“ insgesamt fünf Begegnungen vorab gewinnen, um überhaupt das Endspiel zu erreichen.

Neale Fraser lebte für den Davis Cup

Die Australier konnten im Anschluss drei Jahre lang (1960, 1961 und 1962) den Davis Cup in ihrer Heimat verteidigen – stets unter Mitwirkung von Neale Fraser. Erst 1963 verloren die Australier wieder ein Finale – gegen die USA. Das Endspiel im Memorial Drive von Adelaide war Frasers letzter Auftritt im Davis Cup als Spieler. Nachdem er das vorentscheidende Doppel mit Dauerpartner Roy Emerson verloren hatte, trat er zurück. Zwischen 1958 und 1963 wurde er in elf Davis Cup-Begegnungen eingesetzt und konnte 18 seiner 21 Matches gewinnen.

Neale Fraser

Davis Cup-Triumph 1986 gegen Schweden: Neale Fraser als Kapitän stemmt den Pott in die Höhe. Die Spieler sind: Peter McNamara, Paul McNamee, John Fitzgerald und Pat Cash (v.l.n.r.).Bild: IMAGO / Bildbyran

Aber Fraser kehrte schon bald ins australische Davis Cup-Team zurück – als Kapitän. In dieser Funktion wirkte er von 1970 bis 1993, so lange wie kein anderer Teamchef. Er lotste mehrere Spielergenerationen durch den Mannschaftswettbewerb, der im stets am wichtigsten war. Bei insgesamt 75 Partien saß er auf der australischen Bank, stets in Trainingshosen und mit Frotteehut. 55-mal gewann Australien unter seiner Regie, vier mal holte er auch als Teamchef den Pott. „Ich kann mir nichts Schöneres vorstellen, als das eigene Land zu vertreten“, sagte er oft.

Ein letztes Davis Cup-Finale in Düsseldorf

Seine letzte Davis Cup-Partie war übrigens das Finale 1993 in Düsseldorf: Deutschland gegen Australien. Damals holten sich Michael Stich, Marc-Kevin Göllner, Patrik Kühnen, Charly Steeb und Bernd Karbacher den Pott. Für Australien waren Richard Fromberg, Jason Stoltenberg und die „Woodies“ am Start. Nach der 1:4-Niederlage sagte Fraser: „Die bessere Mannschaft hat gewonnen.“

Neale Fraser

Davis Cup-Finale 1993 in Düsseldorf: Neale Fraser steht ganz links, neben ihm die siegreiche deutsche Mannschaft (Goellner, Kühnen, Pilic, Karbacher, Stich, Steeb).Bild: IMAGO / HJS

„Wenn eine Person den Geist des Davis Cups verkörperte, dann war er es“, huldigte nun Ex-Profi Paul McNamee seinen ehemaligen Teamchef. „Er stellte sein Leben in den Dienst des Davis Cups.“ Pat Cash, Wimbledonsieger von 1987, sagte einmal über Fraser: „Er war wie ein Vater für mich. Er wusste einfach, wie man sich wichtig fühlt und sein Bestes gibt.“

Fraser verstarb nun ausgerechnet an dem Tag, an dem der Tennis-Weltverband bekannt gab, dass die Davis Cup-Endrunde ab 2025 für drei Jahre in Italien ausgerichtet wird. Angeblich hatte sich der australische Verband um die Ausrichtung der „Davis Cup Final 8“ ebenfalls bemüht. Neale Fraser hätte das vermutlich gefallen – auch wenn er sich mit dem neuen Davis Cup-Format nie wirklich anfreunden konnte.