Der Kronprinz aus Argentinien
Man muss bei diesem Anblick an den Spitznamen denken: Palito die Bohnenstange. Juan Martin del Potro sitzt auf einem schwarzen Ledersofa in der Players Lounge. Wobei: Er hängt eher, weiß nicht wohin mit seinen langen Beinen. Nennen sie ihn zu Hause in Argentinien immer noch Palito? No, grinst del Potro aus einem unrasierten, braungebrannten Gesicht, damals war ich dünn wie eine Spaghetti. Jetzt nennen sie mich Delpo.
Delpo ist die Abkürzung für Del Potro. Schlank ist er immer noch, der 1,98-Meter-Mann, aber nicht mehr dünn, sondern muskulös. Und mit den Muskeln, die sich der 20-Jährige aus Tandil, der 110000 Einwohner-Stadt rund 360 Kilometer südwestlich von Buenos Aires, antrainiert hat, kamen die Erfolge. Dabei sah es noch vor gut einem Jahr mau aus für das Supertalent, das schon mit 17 in Argentinien hochgejubelt wurde. Der Rücken streikte, und sportlich schwächelte er. Doch mit der Verpflichtung von Franco Davin als Coach, dem Mann, der Gaston Gaudio zum French Open-Sieg führte, kam die Wende. Ihm verdanke ich alles, sagt del Potro, alles wurde besser mein Körper, mein Spiel, mein Kopf. Vor ein paar Wochen in Madrid scherzte del Potro: Ich bin der Beste der Schlechteren, und spielte auf seinen Ranglistenplatz an, die Nummer fünf der Welt, direkt hinter dem Spitzen-Quartett. Zwei, drei Schritte fehlen ihm zu Rafael Nadal & Co., sagt er. Understatement? Bescheidenheit, bei einem Mann, der in seiner Heimat mittlerweile ein Star ist, der es auf die Titelblätter von Lifestyle-Magazinen schaffte? In Miami schlug er Nadal im Viertelfinale, und die argentinischen Gazetten Clarin, La Nacion und Olé schwärmten.
Wie so oft in letzter Zeit. Als del Potro im vergangenen Sommer das Kunststück schaffte, vier Turniere in Folge zu gewinnen, begann seine Attacke Richtung Spitze. Vier Events in Folge hatte noch nie ein Profi gewonnen. Bemerkenswert war, dass er zweimal auf Sand (Stuttgart, Kitzbühel) und zweimal auf Hardcourt (Los Angeles, Washington), seinem Lieblingsbelag, siegte. Anschließend erreichte er bei den US Open das Viertelfinale und gehörte am Saisonende zum exklusiven Kreis der besten acht beim Masters Cup in Shanghai. Wie hat sich sein Leben verändert? Ich spiele auf größeren Plätzen, fahre in schöneren Autos und wohne in besseren Hotels. Aber als Person habe ich mich nicht geändert, sagt del Potro. Es ist eine typische Antwort für ihn. Viel reden mag er nicht, höchstens über Fußball, über die Boca Juniors, seinen Lieblingsverein, oder Barca-Star Lionel Messi, seinen Kumpel, mit dem er oft telefoniert.
Der Streit mit Nalbandian
In Argentinien mögen sie del Potro, weil der Sohn eines Tierarztes und einer Lehrerin normal geblieben ist. Noch ist David Nalbandian der größere Name. Ihn verehren sie, del Potro, den sanften Lulatsch, lieben sie, haben ihm sogar verziehen, dass er Ende letzten Jahres nicht den Davis Cup nach Argentinien geholt hat. Groß war die Chance. Spanien trat ohne Nadal an. Aber del Potro war müde von der langen Saison, nervös. Er verlor das erste Einzel, sagte das zweite ab. Dazu kam ein Streit um Prämien, und es kriselte gewaltig zwischen Nalbandian und del Potro.
Und jetzt? Es ist okay, schmunzelt Delpo, wir reisen zusammen, spielen Doppel. Argentinische Journalisten prophezeien, dass die beiden keine Freunde mehr werden. Sportlich hat del Potro den Rivalen überflügelt. Er, der Liebhaber von ruhiger Musik, Coldplay und U2, sieht das entspannt. Man kann für eine bestimmte Zeit populär sein, aber das kann sich schnell ändern, sagt del Potro. Privat schwärmt er für historische Bauten, kann sich vorstellen, später als Architekt zu arbeiten. Doch zuerst will er sein Ziel erreichen die erste argentinische Nummer 1 der Welt zu werden.
Andrej Antic
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