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Nächster Halt: Weltspitze

Kalt ist es in Wahlstedt. Draußen liegt Schnee. Auch in der Dreifelder-Tennishalle des TC Rot-Weiß ist es nicht gerade kuschelig. Auf dem hinteren Platz trainiert Mona Barthel mit ihrem Coach Mike Schürbesmann. Es ist die erste Übungseinheit nach ihrer Australien-Reise. Als sie wieder in Deutschland landete, wurde Barthel erst einmal krank. Eine Magen-Darm-Grippe. Ich glaube, mein Vater hat mich angesteckt. Irgendein Virus geht um, sagt sie. Aber jetzt gehe es ihr schon wieder besser.
Muss es auch. Termine stehen an. Morgen kommt der NDR zum Filmen. In drei Tagen fliegt sie nach Paris. Dann folgen Doha, Dubai, Indian Wells, Miami die große weite Tenniswelt. Wir haben gerade darüber gesprochen, sagt Schürbesmann und nickt in Richtung seiner Schülerin, die zurück zur Grundlinie geht, um weiter Bälle zu schlagen, als wir vor einem Jahr hier trainierten, war Mona die Nummer 208 der Welt. 
Inzwischen steht sie auf Position 43, Tendenz steigend. Wieder so eine Erfolgsstory in schwarz-rot-gold. Nach Andrea Petkovic, Sabine Lisicki, Julia Görges und Angelique Kerber ist Mona Barthel die fünfte Deutsche in den Top 50.
 Aber sie hat vor allem ihre eigene Geschichte: Aufgewachsen im Tennisverband Schleswig-Holstein, schon als Siebenjährige Pokale eingesammelt, erst Abitur gebaut (Notendurchschnitt 1,9) und sich dann auf die Profikarriere konzentriert. Ihr bisheriges Glanzstück: der Titel beim 220.000-Dollar-Turnier in Hobart. Den gewann die große Blonde als Qualifikantin. Ein ähnliches Kunststück schaffte auf der WTA-Tour zuletzt die Österreicherin Tamira Paszek 2010 in Quebec. Barthel schlug im Halbfinale Kerber, im Finale überrollte sie die an Nummer eins gesetzte Belgierin Yanina Wickmayer 6:1, 6:2. Anschließend erwischte sie mit Mutter Hannelore gerade noch den letzten Flieger nach Melbourne, um pünktlich bei den Australian Open am Start zu sein. Bilanz bei ihrer Down Under-Premiere: Einzug in die dritte Runde. Dort wurde sie von der späteren Siegerin Victoria Azarenka erst nach zehn Siegen in Folge gestoppt 2:6, 4:6, kein schlechtes Resultat gegen die Nummer eins der Welt, zumal Barthel beim 4:4 einige Chancen ausließ.
Ihr Tour-Coach ist die Mutter Hannelore, eine pensionierte Lehrerin, die früher Mathematik, Informatik und Sport unterrichtete. Zuhause in Neumünster kümmert sich Vater Wolfgang, ein Gynäkologe, der früher Junioren-Europameister im Kugelstoßen war, im hauseigenen Fitnessraum um Kraft- und Konditionstraining. Eine starke Einheit sei das, sagt Schürbesmann: Das ist ein Erfolgsrezept. An der Konstellation wollen wir auch künftig nichts ändern.
Mona ist inzwischen da. Sie nimmt auf dem pfirsichfarbenen Sofa im Restaurant Platz. Ihr Trainer verabschiedet sich per Handschlag bis morgen. Er hat einen Termin. Die neue deutsche Tennishoffnung  hat noch Zeit und absolviert das Interview mit tennis MAGAZIN so professionell wie vorher die Fotosession mit unserem Fotografen. Schnell wird im Gespräch klar, dass da eine sitzt, die für eine 21-Jährige erstaunlich gut formuliert und die Dinge klar analysiert. Selbstvertrauen haben ihr die vielen Siege gegeben, ein Riesenerlebnis sei es gewesen, bei den Australian Open gegen die spätere Siegerin in so einem großen Stadion zu spielen.
Begegnen ihr die Kolleginnen auf der Tour jetzt mit mehr Respekt? Die kannten mich ja gar nicht. Ich habe vorher höchstens zehn WTA-Turniere gespielt. Aber nach meinem Turniersieg kamen viele Spielerinnen zu mir, die mir gratulierten, erzählt Barthel . Und als sie vonAuckland nach Hobart flog, habe sie ihre erste Begegnung mit einem australischen Tennisfan gehabt: Hey, ich habe dich gegen Sabine Lisicki spielen sehen, habe der ihr zugerufen. Dass der öffentliche Druck in Zukunft zunehmen wird, wenn sie weiter so erfolgreich spielt, weiß sie. Aber sie gehe entspannt damit um. Barthel: Die Presse-termine machen mir Spaß, aber ich weiß auch, dass im Moment vieles positiv ist. Es kann sich genauso schnell wieder drehen. Zeitungsartikel über sich lese sie allerdings nicht. Vielleicht tue ich das nicht, um mich selbst zu schützen. Was traut sie sich zu? Viel. Wenn man auf den Platz geht und denkt: Ich schaffe das nicht, dann wird man auch nicht gewinnen, sagt Barthel. 
Merkwürdigerweise klingen solche Sätze aus ihrem Mund nicht banal, sondern wahr. Und dann fällt es wieder, das Wort, das auch in ihrem Umfeld ständig genannt wird: Zielstrebigkeit. Dass Mona Barthel so fokussiert ist, mag auch an ihrer Biographie liegen. Bei Jugendturnieren übernachteten sie und ihre Eltern oft im Zelt, um Geld zu sparen. Als sie sich im Mai 2010 nach einem Turnier in Prag einen Virus einfing, sich im Flugzeug übergeben musste, anschließend ihr Immunsystem komplett streikte und sie fast ein halbes Jahr pausieren musste, trainierte sie anschließend noch härter. Im Endeffekt hat mich das stärker gemacht, sagt Barthel. Hat sie sich nach den letzten Erfolgen und dem Gewinn von rund 73.000 Euro eigentlich schon belohnt? Nein, aber das komme noch. Als sie im letzten Jahr nach den US Open erstmals in den Top 100 gelandet war, leistete sie sich ein iPad. Vielleicht kommt demnächst das eigene Auto. Zurzeit benutzt sie den Smart ihrer Mutter.
Das Gespräch ist beendet. Mona Barthel geht zum Auto und braust davon. Man hat das Gefühl, demnächst könnte sie in der Weltspitze ankommen. 

Die norddeutsche Talentschmiede befindet sich in Wahlstedt, einer 9.000-
Einwohnerstadt im Landkreis Bad Segeberg, etwa 45 Autominuten nördlich von Hamburg. Zahlreiche Talente lernten hier das Rüstzeug für die spätere Profi-
karriere: Julia Görges, Angelique Kerber, Mona Barthel, Tobias Kamke und Julian Reister. 2005 zog das Landeszentrum Schleswig-Holstein von Neumünster auf die Tennisanlage des TC Rot-Weiß Wahlstedt um. Die Anlage verfügt draußen über neun Sandplätze und einen Hardcourt. In der Halle stehen dem Nachwuchs und den Profis drei Teppichplätze und ein Hartcourt zur Verfügung. 
Cheftrainer ist Herby Horst. Er koordiniert die Nachwuchsarbeit. Für die weiblichen Talente (ab 14) ist Mike Schürbesmann zuständig, der auch Mona Barthel als Heimtrainer unterstützt und davor mit Julian Reister und Tobias Kamke arbeitete. Den Erfolg sieht der Verband in der individuellen Betreuung begründet. Aktuelles Projekt: eine Tennis-Werkstatt, in der Nachwuchsspieler (ab 18) zu Profis ausgebildet werden. Zielgruppe: Spieler aus ganz Deutschland, aber auch aus anderen Ländern. Infos: tennis-wahlstedt.de

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