Taktik im Tennis: Die beste Position auf dem Platz
Wenn Profispieler die beste Position für die Platzabdeckung und beste Lösung für die jeweilige Spielsituation suchen, variieren sie mit ihrem Schlagrepertoire – egal, auf welchem Belag. Daraus lassen sich auch für Amateure und Hobbyspieler Strategien und Taktiken ableiten.
Text: Dirk Ludwig
Auf Sand kann man im Spitzentennis beobachten, dass die Bälle höher und mit mehr Drall gespielt werden. Durch den eher unebenen Bodenbelag kann es passieren, dass die Bälle leicht verspringen und man eigene Schlagvorbereitungen gerade noch korrigieren kann. Viele Spieler im Welttennis verlagern ihre Grundlinienposition deswegen etwas weiter weg nach hinten, um höher abspringende Bälle druckvoll und mit etwas mehr Vorbereitungszeit zurückspielen zu können.
Inside-out als druckvolles Mittel
Starke Vorhandspieler spielen die Vorhand aus Situationen, in denen sie sich extrem weit in der Rückhandecke befinden, druckvoll inside-out (von innen nach außen als Gegencross), um die Rückhandecke bei Rechtshändern anspielen zu können oder auf einen direkten Punkt zu gehen. Roger Federer beherrschte diese Variante nahezu perfekt, ebenso Rafael Nadal und auch Juan Martin del Potro liebte diesen Schlag.
Auf dem langsameren Sandbelag sieht man deshalb viele Rallyes, bei denen extrem viel Vorhand gespielt wird, um den Gegner zu kürzeren und schwächeren Schlägen zu zwingen. Im Optimalfall wird der Punkt mit dem nächsten Schlag aus dem oder sogar innerhalb des Grundlinienbereichs beendet. Diese druckvollen Schläge werden weit hinter der Grundlinie gespielt, weil man mehr Zeit hat. Die Rückhand wird dabei cross eingesetzt, um den Gegner von der druckvollen Vorhand fernzuhalten. Auch die Rückhand-Longline ist ein probates Mittel, um Spieler, die sich weit in der Rückhandseite positionieren, in Bedrängnis zu bringen, da sie unerwartet viel laufen müssen und den Ball oft nur als defensiven Vorhand-Slice zurückspielen können.
Auch der Vorhandschlag inside-in (von innen nach innen longline) aus der Rückhandecke wird angewendet, wenn der Gegner weiter weg zur Rückhandseite steht und das Longlinefeld aus der eigenen Rückhandecke mit der Vorhand frei ist. Allerdings ist dieser Schlag etwas schwieriger. Das Feld longline ist kleiner als in der Diagonalen zur Rückhandseite, und das Netz ist an der Seite etwas mehr als zehn Zentimeter höher.
Ons Jabeur als Ausnahme
Fazit: Auf Sand ist im Hochleistungstennis der Vorhandschlag mit viel Spin („heavy spin“) der dominierende Schlag, aber auch Slice, Stop und Angriffstennis mit Volley und Schmetterball gehören dazu, was die Attraktivität wieder deutlich erhöht.
Bei den Damen wird die Entscheidung zumeist mit beiden Grundschlägen gesucht, da sie bei den meisten gleichmäßig ausgeprägt sind. Auch stehen die meisten Spielerinnen nicht so weit hinter der Grundlinie. Selbstverständlich gibt es Ausnahmen wie Ons Jabeur, die die schnellen Punkte auch mit Angriffsspiel sucht.
Die tunesische Profi-Spielerin Ons Jabeur hat ein variantenreiches Schlagrepertoire für ihre perfekte Platzabdeckung. ©Imago
Etwas anders ist die Raumaufteilung auf schnellen Belägen wie Hardcourt und Rebound Ace sowie Gras. Da die Bälle durch die schlechtere Reibung wesentlich flacher und schneller abspringen, haben sie eher flache Flugkurven mit weniger Vorwärtsdrall. Durch die geringere Vorbereitungszeit stehen die Spieler auch näher an der Grundlinie. Hier ist es wichtiger, die Winkelhalbierende zur Grundlinie hin gut abzudecken, um dem Gegner nicht zu viel Raum geben, damit dieser die schnellen Bälle cross spielen kann und man selbst mehr laufen muss.
Taktische Spielzüge immer wieder einstudieren
Auffällig ist, dass der Körperschwerpunkt bei den Ballwechseln und beim Treffen häufig tiefer liegt als auf Sand. Zudem beginnen die Ausholbewegungen etwas früher, um den Ball früh seitlich vor dem Körper zu treffen. Auch auf den schnellen Belägen ist vermehrt offensives Spiel mit Netzabschluss durch Volley oder Schmetterball zu erkennen, ein richtiger und guter Trend!
Bei den Damen ist das Spiel mit Ausnahmen sehr auf die Grundschläge ausgerichtet. Die Spielerinnen bewegen sich wegen der etwas geringeren Schlaghärte sowie dem Fokus auf den schnellen Punkt als Winner nahe der Grundlinie. Auch der zweite, meist schwächere Aufschlag, wird von den Top-Damen als versuchter Winner attackiert, was man bei den Herren seltener sieht, da diese Spieler schneller aufschlagen.
Von diesen modernen Spielweisen können sich Amateure aber auch Hobbyspieler einiges abschauen. Zwar ist das Tempo bei den Grundschlägen deutlich langsamer, die Beinarbeit weniger perfekt, aber gute Grundschläge als Waffen sollten je nach Spielsituation und konditionellen Voraussetzungen eingesetzt werden. Taktische Spielzüge müssen immer wieder durch viele spielnahe Übungen wiederholt und einstudiert werden. Da im Freizeit- und Amateurbereich im Sommer auf Sand und im Winter auf Granulatböden sowie Teppich oder Hartplatz spielen, sollte man als Trainer auf die verschiedenen Platzabdeckungen hinweisen und die Schüler dies ausprobieren lassen.
Vita
Dirk Ludwig hat seit 1996 die Lizenz als A-Trainer des Deutschen Tennis Bundes. Seit mehr als 20 Jahren ist er zudem Referent im Deutschen Tennis Bund sowie Co-Ausbildungsleiter und Referent im Saarländischen Tennisbund. Er spielte selbst jahrelang hochklassig Tennis.