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Training für den Kopf – Mefferts Mentalstunde

Auf den ersten Blick sieht es aus wie ein gewöhnliches Training. Etwas versteckt hinter dem Hauptgebäude des Landesleistungszentrums Mittelrhein in Köln-Chorweiler schlägt sich Tennisprofi Dominik Meffert mit seinem Trainer Tim Sommer ein. Es ist 10 Uhr 30. Ein trüber, wolkenverhangener Vormittag. Die Luft ist herbstlich frisch. Die beiden Männer sind nicht allein. Ein dritter, recht kleiner Mann steht am Rande des Platzes. Er trägt Turnschuhe, eine braune Hose und eine Windjacke mit hochgeschlagenem Kragen. In der Hand hält er einen Zettel mit handgeschriebenen Notizen. Merkwürdige Dinge ruft er Meffert zu. Konzentrier dich auf die Nähte, zum Beispiel. Oder: Nur für das Gefühl!
Dies ist keine gewöhnliche Trainingsstunde. Hier wird nicht an Technik oder Taktik gefeilt. Es geht um etwas anderes: den Kopf. Der kleine Mann mit der Windjacke heißt Andreas Prause. Sein Beruf: Mentalcoach. Er kümmert sich um die Psyche von Dominik Meffert, macht seinen Kopf fit für wichtige Matches. Ich glaube, dass sich die Profis in den Top 100 technisch kaum unterscheiden, erzählt er und lächelt. Was Spitzenspieler wie Federer und Nadal ausmacht, ist die Fähigkeit, die Konzentration über einen langen Zeitraum aufrechtzuerhalten. Entspannte Konzentration nennt Prause das. Auch Meffert soll diesen Zustand in seinen Matches erreichen. Denn auch er will zu den hundert  besten Tennisspielern der Welt gehören zurzeit steht er auf Rang 212.

In den Flow kommen

Mefferts heutige Mentalstunde hat einen konkreten Grund. In der vorigen Woche hat der 27-Jährige beim Challengerturnier in Düsseldorf nach gewonnenem ersten Satz im Halbfinale verloren. Das Problem: Der Gegner hat angefangen, meinen Aufschlag zu attackieren, erzählt Meffert. Der Deutsche ließ sich das Spiel seines Kontrahenten aufzwingen und verlor. Mentalcoach Prause war live dabei und machte sich auf der Zuschauertribüne Notizen. Heute soll Meffert vor allem üben, sein Spiel konsequent durchzuziehen, unabhängig davon, was der Gegner macht. Coach Tim Sommer fungiert als Hitting-Partner.
Nach einigen locker gespielten Bällen gibt Prause die erste Aufgabe vor: Meffert soll sich auf die Nähte des Tennisballes konzentrieren und mit hoher Intensität die Schläge durch-führen. Dadurch wird Konzentration aufgebaut, erklärt Prause. Ziel ist es, in eine Art Flow zu kommen, einen tranceartigen Fließzustand, in dem die Konzentration hoch ist. Meffert fällt die Aufgabe an diesem Vormittag schwer. Das Licht ist schummrig und er hat Schwierigkeiten, die Nähte zu erkennen. Kurzerhand schnappt sich Prause einige Bälle und wirft sie dem Profi aus kurzem Abstand zu. Die Bälle kommen dadurch langsamer an, haben nicht so viel Spin. Meffert schlägt einen nach dem anderen per Vorhand über das Netz. Die Nähte sehe ich noch immer nicht, aber das Gefühl ist gut, sagt der Profi nach einer Weile. Prause ist zufrieden. Denn auf das gute Gefühl kommt es an.
Die nächste Übung erfolgt blind. Dominik Meffert soll einige Schläge mit geschlossenen Augen durchführen. Vorhand und Rückhand alle Schläge mit hoher Intensität. Was seltsam aussieht, erfüllt einen Zweck. Dominik soll die Gewissheit bekommen, dass er in kritischen Situationen loslassen und einfach gut spielen kann, sagt Prause. Er lernt dadurch, blind auf seine Schlägen zu vertrauen auch wenn es einmal eng wird.
Seit drei Jahren arbeiten Meffert und Prause zusammen. Bei ihrem ersten Treffen hatte der Tennisprofi drei Weltranglistenpunkte, stand irgendwo in den Tausender-Rängen. Prause half ihm, eine professionelle Einstellung zu entwickeln und griff dafür zu einem einfachen Mittel: einer Videokamera. Der Mentalcoach filmte Meffert bei Matches, dokumentierte sein Verhalten auf dem Platz. Als ich das gesehen habe, wurde mir bewusst, dass ich mich nicht annähernd wie ein Profispieler benehme, sagt Meffert. Ich habe hierhin und dorthin geschaut, ließ mich von allem Möglichen ablenken und war mit dem Kopf gar nicht richtig bei der Sache, erinnert er sich. Heute trifft er sich, wenn er in Deutschland ist, einmal wöchentlich mit Prause zum Kopftraining. Ab und zu reist der Mentalcoach auch zu seinen Turnieren. In manchen Stunden sprechen sie hauptsächlich oder werten Videos von Mefferts Matches aus. So oft es geht, stehen sie aber auf dem Platz. Die Arbeit mit der Psyche ist hart und langwierig. Allein ein Jahr hat es gedauert, bis Meffi gelernt hat, die Pausen richtig zu nutzen, erzählt Prause. Erholungsphasen sind wichtig auch für den Geist (siehe Kasten). Aus diesem Grund achtet der Mentalcoach auch beim Training auf ausreichend Unterbrechungen.
Körperspannung aufbauen

Die nächste Übung steht an. Meffert soll trainieren, sein Aufschlagspiel souverän durchzuspielen. Bei der Niederlage in Düsseldorf schwächelte in kritischen Situationen vor allem sein Service. Beim Stand von 4:5, 15:0 zum Beispiel verlor er sein Aufschlagspiel und damit den Satz. Prause hat diesen und andere enge Spielstände während des Matches notiert. Nun ruft er Meffert immer wieder einen davon zu und der Profi spielt die fiktiven Games gegen seinen Coach zu Ende. Je öfter man solche Drucksituationen durchläuft, desto normaler werden sie, erklärt Prause. Deshalb werden sie im Training nachgestellt. Das Risiko, im richtigen Match zu verkrampfen, verringert sich.
Denk an die Spannung, ruft Prause Meffert zu. Der 1,98 Meter-Hüne feuert einige Aufschläge übers Netz. Doch immer wieder landet der Ball im Aus oder im Netz. Meffert ist frustriert, schimpft über seinen Ballwurf. Wenn der nicht stimmt, kann ich so viel Spannung aufbauen, wie ich will das bringt dann auch nichts, lamentiert er. Prause lächelt. Das ist typisch, sagt er, viele Spieler neigen dazu, die Technik verantwortlich zu machen, wenn etwas nicht klappt. Dabei ist dies gar nicht der Punkt. Bei den Profis ist die Technik in 98 Prozent der Fälle perfekt. Man sollte daher nicht seine Energie darauf verschwenden, sich über etwas aufzuregen, was nur in zwei Prozent der Fälle auftritt. Wichtig ist, sich auf die Aufgabe zu konzentrieren, und nicht auf das Ergebnis. Hier heißt die Aufgabe Spannung aufbauen. Das Ergebnis eventuell ein Ass kommt dann von alleine, erklärt Prause.
Nach einer Stunde intensiver Kopfarbeit ist die Trainingseinheit zu Ende. Trotz des kleinen Durchhängers beim Aufschlag sind Spieler und Trainer zufrieden. Wenig Energie ging verloren, resümiert der Mentalcoach. Sein Schützling ist erschöpft. Jeder Schlag ist so bewusst. Deswegen ist es so anstrengend, sagt Meffert und nennt damit einen entscheidenden Punkt des Mentaltrainings. Denn alle Übungen sollen dazu führen, die trainierten Dinge so zu verinnerlichen, dass sie später unbewusst ausgeführt werden. Das ist das Ziel, sagt Prause, momentan sind wir auf einem guten Weg dorthin.
Nina Hoffmann
Auch Sie können mit einigen Übungen auf dem Platz Ihren Geist trainieren und Ihre Konzentration stärken. Probieren Sie folgende Übungen einfach einmal aus:
  Konzentrieren Sie sich auf die Nähte! Versuchen Sie beim Einspielen, die Nähte der Tennisbälle zu fokussieren. Als Hilfestellung können Sie diese zunächst schwarz anmalen. Fangen Sie im Kleinfeld an und gehen Sie anschließend an die Grundlinie.
  Achten Sie auf den Sound!
Falls Ihnen die Aufgabe mit den Nähten schwer fällt, probieren Sie es mit dem Sound. Konzentrieren Sie sich auf das Geräusch beim Treffen des Balles. Ziel ist es, nach einer Weile in eine Art Flow zu kommen, einen Zustand, in dem die Konzentration hoch ist.
  Tanken Sie in den Pausen Kraft!
Viele Spieler machen zwischen den Seitenwechseln nichts, außer zu trinken und sich abzutrocknen, sagt Andreas Prause. Es ist aber wichtig, in den Pausen bewusst einen Zustand der Entspannung zu erreichen und dadurch neue Kraft zu tanken. Wichtige Voraussetzung: Haken Sie das letzte Spiel ab und trauern Sie auf keinen Fall verlorenen Punkten nach. Machen Sie folgende Übung: Spannen Sie ein Körperteil (z.B. Faust, Oberschenkel, Bauch etc.) einige Male kurz an, und entspannen Sie es wieder. Nehmen Sie die Entspannung bewusst wahr. Finden Sie heraus, mit welchem Körperteil es bei Ihnen am besten funktioniert.
  Führen Sie positive Selbstgespräche! Lassen Sie negative Gedanken gar nicht erst zu und feuern Sie sich mit positiven Selbstgesprächen an (z.B. Ich gewinne jeden Punkt!). Visualisierung kann helfen. Stellen Sie sich zum Beispiel vor, Sie wären ein Löwe, ein Tiger oder ein anderes Raubtier, das aggressiv um jeden Ball kämpft.
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