Trainingstool Sweetspotter: Knüppel für den Takt
Rahmentreffer? Unsaubere Schläge? Für Hobbyspieler oft ein Problem, weil sie die Bälle außerhalb des Sweetspots treffen. Der neue „Sweetspotter” soll helfen, den besten Treffpunkt zu erwischen. Wir haben das Gerät getestet.
Pong macht es. Und noch einmal: Pong, laut und knallig. Ich stehe mit einem Carbonknüppel in der Hand auf einem Tennisplatz in der Upper West Side von Manhattan und dresche reihenweise auf Bälle ein, die mir ein Trainer zuspielt. Pong, Pong, Pong. Die Bälle fliegen kreuz und quer durch die Gegend. Auf die benachbarten Plätze, in den Hudson-River, der direkt neben der Anlage der „Riverside Clay Tennis Association“ entlangfließt, und auf die dicht bevölkerte Uferpromenade, von der Applaus herüberschwappt, wenn ein Ball einen Passanten trifft. Es sind meine ersten Schlagversuche mit dem „Sweetspotter“, den Yann Auzoux erfunden hat. Er füttert mich gerade mit Bällen und ruft mir seine Kommandos zu. Auzoux kommt aus Kamerun, hat dort sogar Davis Cup gespielt, studierte dann Biomechanik in Washington und ist nun Tenniscoach an einem Mädchencollege. Ihm ist die Idee dieser komisch geformten Keule gekommen, die er mir vorhin in die Hand gedrückt hat. Sie wird nach oben dicker und erinnert an einen Baseballschläger. Ich bin überfordert. So viele Dinge soll ich parallel beachten, es sind über 30 Grad, meine Tennisschuhe stehen in Deutschland, mein eigener Schläger auch – oh Gott!
„Baseballtennis“ im Internetvideo
Vor ein paar Wochen fand ich bei einer Internetrecherche in einem Tennisforum zufällig ein Video von Yann. Zu sehen waren zwei seiner Schülerinnen, die mit dem Knüppel in der Hand komplette Ballwechsel spielten. Das sah aus wie „Baseballtennis“, verrückt.
Ich schickte Yann eine Anfrage. Jetzt steht er mir gegenüber und spürt meine wachsende Unsicherheit. „Pass auf“, sagt er, „schwing einfach ganz normal durch, als ob du mit einem Tennisschläger spielst, ok?“ Ne, nichts ist ok. Ich soll einfach vergessen, dass ich diesen Prügel in der Hand habe, bei dem ich mich bis vor ein paar Minuten noch fragte, wie ich damit überhaupt jemals einen Ball treffen kann? „Genau das ist der Punkt”, beschwichtigt mich Yann. „Du triffst die Bälle doch. Jeder, der schon einmal Tennis gespielt hat, wird den Ball treffen. Ein Tennisschläger ist nur deswegen so groß, damit alles komfortabler wird.“
Nächster Versuch, wieder 20-mal die Vorhand mit den Sweetspotter. Plötzlich bin ich im Rhythmus, treffe die Bälle präzise, nicht mehr alle werden zu gefährlichen Geschossen für Personen im Umkreis von 30 Metern. Dann zischt der Ball als Longline-Granate über das Netz – wow! Um so einen Schlag hinzukriegen, muss beim Sweetspotter alles exakt zusammenspielen. Balance, Beinstellung, Oberkörperrotation, Treffpunkt, Ausschwung: Nur wenn alle Komponenten ineinandergreifen, spiele ich gute Bälle. Sobald ich den Ball auch nur einen Tick zu spät treffe, fliegt er in den Hudson River – wie fehlerverzeihend moderne Tennisschläger doch sind.
Jetzt bin ich im „Flow“, konzentriere mich voll auf meine Technik, um so oft wie möglich den perfekten Treffpunkt, eben den „Sweetspot“, zu erwischen. Dann soll ich zu einem normalen Schläger greifen. Yann leiht mir sein Babolat-Racket. Zeit für die Gegenprobe. Mir kommt der Gedanke, dass Babolat eigentlich so gar nicht meine Marke ist, da habe ich schon die erste Vorhand-Longline hinten an der Grundlinie versenkt. War ich das? Ohne Übertreibung: So einen Winner habe ich zuletzt vor zwei Jahren abgefeuert, als ich durch viel Training für die Saison in der Herren 30-Oberliga ganz gut im Saft stand. Jetzt knalle ich sie gleich reihenweise raus.