Roger Federer – Harry Potter von Wimbledon
Wer etwas nostalgisch veranlagt ist, wird auch in dreißig Jahren noch an dieses eine Match denken. An den 2. Juli 2001, als Roger Federer im Achtelfinale von Wimbledon auf dem Centre Court den siebenmaligen Champion Pete Sampras besiegt und im All England Club einen Donnerschlag auslöst, so laut als würde sechseinhalb Meilen entfernt der Buckingham Palace einstürzen. Wenn es in den frühen Jahren der Karriere des „RF“ eine Partie gab, die richtungsweisend war für all das, was in seiner von Rekorden geprägten Laufbahn folgen sollte, dann dieser epische 7:6, 5:7, 6:4, 6:7, 7:5-Triumph des damals 19-Jährigen, mit Bubi-Face, Surferkette, Zopf und Stirnband.
Magische Wimbledon-Momente
Als Federer zwei Jahre später das erste Mal an der Church Road siegte, damals im Endspiel gegen Mark Philippoussis, formulierte die Tageszeitung The Times treffend: „Er geht mit seinem Racket um, wie Harry Potter mit dem Zauberstab.“ Der Vergleich passt bis heute deshalb so gut, weil die Beziehung zwischen Federer und Wimbledon tatsächlich ein wenig magisch erscheint. Bei keinem anderen Turnier der Welt waren in den vergangenen eineinhalb Jahrzehnten die oft zitierten „Federer-Momente“ so intensiv wie bei den Championships im Südwesten Londons. Klar, der Schweizer ist auch abseits von Wimbledon ein Mann der Rekorde. Aber sowohl seine Triumphe, als auch die (wenigen) Niederlagen auf dem berühmtesten Rasen der Welt waren jene Stationen, die seine Karriere besonders prägten: Der erste Wimbledontitel war zugleich der erste Grand Slam-Titel; zwischen 2003 und 2007 gewann Federer das Turnier fünfmal in Folge – das schaffte vor ihm lediglich Björn Borg (1976 – 1980); sieben Titel holte Federer im All England Club insgesamt – nur Pete Sampras gelangen in der Open Era genauso viele Siege (1993 – 1995, 1997 – 2000); als er 2009 seinen fünften Wimbledon-Titel feierte, überflügelte er mit seinem 15. Major-Titel Sampras’ Rekordmarke von 14 Titeln.
„The greatest final ever“
„Federer gehört zu Wimbledon wie Charles zu Camilla“ schrieb ein britisches Boulevardblatt 2007 nach seinem fünften Erfolg in Serie. Federer hatte damals mit einem Fünfsatz-Erfolg über Rafael Nadal die Attacke des Spaniers auf sein heiligstes Revier, den Rasen, noch einmal abwehren können. Ein Jahr später unterlag er an gleicher Stelle seinem ewigen Rivalen dann doch – in einem dramatischen Endspiel mit 7:9 im letzten Durchgang. Das „greatest final ever“ bejubelten die britischen Medien danach. Als „bitterste Niederlage meiner Karriere“ bezeichnete der Schweizer selbst die Pleite, die wie ein endgültiger Machtwechsel im Welttennis erschien – weil Nadal plötzlich nicht mehr ausschließlich auf Sand dominierte, sondern auch Federers letzte Festung erobert hatte.