Graf and Becker

Das deutsche Jahr in Wimbledon: 1989 gewinnen Boris Becker und Steffi Graf das wichtigste Tennisturnier der Welt

Wimbledon – das Turnier der Deutschen

30er Jahre in Wimbledon: Ein Titel und viele Endspiele

Cilly Aussem
(Einzeltitel 1931)

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MIT WEHENDEM ROCK: Cilly Aussem, erste deutsche Siegerin in Wimbledon, 1931. (Foto: Getty Images)

Deutschlands erste Siegerin in Wimbledon. Als die bildhübsche Kölnerin mit den großen dunklen Augen nach ihrem Triumph in Paris 1931 nur wenige Wochen später auch das Finale von Wimbledon erreichte, stand ihr eine Gegnerin aus Deutschland gegenüber: Hilde Krahwinkel. Das erste deutsche Finale an der Church Road gewann Aussem 6:2, 7:5. Danach konnte sie sich vor Liebeserklärungen kaum mehr retten. Die schönste verfasste der US-Spieler Henry Wilfred Austin in der „Evening News“: „Was Deutschland Fräulein Aussem schuldet, möchte ich die deutschen Frauen selbst beurteilen lassen. Was das Frauentennis anbelangt, so hat es in der Welt niemals eine Rolle gespielt, bis zu dem Augenblick, als Cilly Aussem die Szene betrat.“ Die erhoffte Weltkarriere der grazilen Sportlerin, die von ihrer Mutter seit frühester Kindheit massiv unter Leistungsdruck gesetzt wurde, blieb indes aus. Aussem erblindete langsam und bekam gravierende gesundheitliche Probleme. Große Titel gewann sie nicht mehr. 1963 starb sie, mittlerweile voll erblindet, in Italien.

Hilde Krahwinkel
(Einzelendspiele 1931, 1936; Mixedtitel 1933)

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DEUTSCHES FINALE: Cilly Aussem (li.) nahm 1931 in Wimbledon die Glückwünsche ihrer Landsfrau Hilde Krahwinkel-Sperling entgegen. (Foto: Getty Images)

Bis Steffi Graf auf der Bildfläche erschien, galt Hilde Krahwinkel jahrzehntelang als beste deutsche Spielerin der Geschichte. Ihr Problem war nur: Sie gewann in Wimbledon nicht. 1931 verlor sie das Finale gegen Landsfrau Cilly Aussem (s. oben), 1936, bei ihrem zweiten Endspiel, war sie dicht dran am großen Triumph, scheiterte aber letztlich an der Amerikanerin Helen Jacobs mit 2:6, 6:4, 5:7. Kleiner Trost: Ihr Sieg im Mixed 1933 zusammen mit Gottfried von Cramm. Zwar gewann Krahwinkel, die durch die Hochzeit mit einem Dänen später Krahwinkel-Sperling hieß, drei Mal in Serie die French Open, aber ein Publikumsliebling war sie nie – anders als Konkurrentin Aussem. Als Krahwinkel-Sperling 1988 in ihrer Wahlheimat Dänemark starb, arbeitete Steffi Graf gerade daran, den „Golden Slam“ zu gewinnen.

Gottfried von Cramm
(Einzelendspiele 1935, 1936, 1937; Mixedtitel 1933)

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ALS ERSTER DEUTSCHER IM FINALE: Gottfried von Cramm (li.) traf 1935 auf Fred Perry, gegen den er auch ein Jahr später verlor. (Foto: Getty Images)

Der „Tennis-Baron“ stand in drei aufeinanderfolgenden Wimbledon-Endspielen, in denen er aber nicht einen einzigen Satz holte. Die schlimmste Niederlage kassierte er 1936, als ihn der englische Volksheld Fred Perry aus dem Stadion schoss und 6:1, 6:1, 6:0 gewann. Die Zuschauer feierten von Cramm dennoch: für seinen großen Sportsgeist. Der Deutsche hatte sich im zweiten Spiel der Partie eine Oberschenkel-Zerrung zugezogen, gab aber nicht auf, obwohl er kaum noch laufen konnte. Erst nachdem er geschlagen vom Platz gehumpelt war, teilte der Schiedsrichter mit: „Herr von Cramm bedauert, daß er nicht besser spielen konnte.“ Sein tadelloser Ruf überdauerte sogar den Zweiten Weltkrieg. Als von Cramm 1951 nach Wimbledon zurückkehrte, trug er als einziger noch lange, weiße Hosen. „Englands Tennisjugend sollte sich von Cramm zum Vorbild nehmen“, empfahl der „Daily Telegraph“, „in Haltung und Stil.“ Von Cramm starb bei einem Autounfall in Ägypten 1976.

Henner Henkel
(Einzelhalbfinale 1938, 1939; Doppelfinale 1938; Mixedfinale 1938)

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SPRINGINSFELD: Henner Henkel 1938 in Wimbledon. (Foto: Getty Images)

„Glücklicherweise billigten meine Eltern meine Fußball-Leidenschaft nicht. Sie führten mich zu meiner ursprünglichen Begabung zurück“, sagte Heinrich Henkel, genannt „Henner“, einmal. Was er meinte: Zum Glück blieb er dem Tennis treu. 1938 erlebte er in Wimbledon sein größtes Jahr: Halbfinale im Einzel, Endspiel im Doppel und Mixed. Henkel galt als Kumpeltyp und Doppelspezialist, der zwischen 1934 und 1939 66 Davis Cup-Matches für Deutschland bestritt. 1943, mit 27 Jahren, starb er als Soldat bei der Schlacht um Stalingrad. Ein Zeitzeuge: „Das deutsche Tennis wurde seines talentiertesten und fröhlichsten Meisters beraubt“.